Aktuelles, Experten - geschrieben von am Sonntag, Januar 12, 2020 14:50 - noch keine Kommentare

Topf Secret: Verbraucher mit Rechtsanspruch auf Hygiene-Kontrollergebnisse

Erste höchstrichterliche Entscheidung vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg getroffen

[datensicherheit.de, 12.01.2020] Laut einer Meldung des foodwatch e.V. haben Verbraucher „einen Rechtsanspruch zu erfahren, was die Hygienekontrollen in Lebensmittelbetrieben ergeben haben“. Dies habe der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg als erstes Oberverwaltungsgericht entschieden. Im juristischen Streit um die Verbraucher-Plattform „Topf Secret“ liege damit die erste höchstrichterliche Entscheidung zum Informationsanspruch vor. Über dieses Portal der Verbraucherorganisation foodwatch und der Transparenzinitiative FragDenStaat können Bürger demnach die amtlichen Kontrollberichte der Lebensmittelüberwachung erfragen. Seit dem Start im Januar 2019 seien mehr als 40.000 VIG-Anfragen über „Topf Secret“ verschickt worden – der Großteil der etwa 400 in Deutschland zuständigen Behörden gewähre Bürgern die beantragten Informationen.

Signalwirkung für weiteren Verfahren um Transparenz-Plattform Topf Secret erhofft

„Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zerpflückt in aller Deutlichkeit die Argumente, die regelmäßig von der Gastro-Lobby gegen ,Topf Secret‘ ins Feld geführt werden. Nun ist höchstrichterlich bestätigt: Bürgerinnen und Bürger haben einen Rechtsanspruch auf die Hygiene-Kontrollergebnisse“, so Rauna Bindewald, Volljuristin und „Campaignerin“ bei foodwatch.
foodwatch sieht nach eigenen Angaben in dieser Entscheidung eine „Signalwirkung für die vielen weiteren Verfahren um die Transparenz-Plattform“. Aktuell wehrten sich Hunderte Lebensmittelbetriebe gerichtlich gegen die Herausgabe von Kontrollergebnissen – auch mit Unterstützung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA), der seine Mitglieder ermutige, gegen auskunftsbereite Behörden vorzugehen.

Markt soll transparenter werden

Mehrere der zentralen Argumente des DEHOGA seien vom VGH Baden-Württemberg nun jedoch ausdrücklich abgewehrt worden. So behaupte der DEHOGA in einem „Argumentationspapier“ unter anderem, dass die über „Topf Secret“ gestellten Anträge missbräuchlich seien, weil die Kontrollergebnisse auf einer Internetplattform veröffentlicht werden sollten – dies entspreche nicht dem Zweck des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG).
Der Verwaltungsgerichtshof habe hierzu allerdings deutlich gemacht: „Im Gegenteil, es entspricht der ausdrücklichen Zwecksetzung des § 1 VIG, den Markt transparenter zu gestalten, sodass in einer Internetpublikation eine Stärkung des Verbraucherschutzes gesehen werden kann.“

Negative Darstellung in der Öffentlichkeit durch rechtstreues Verhalten zu verhindern

Außerdem argumentiere der DEHOGA damit, dass die Informationserteilung die grundrechtlich verbürgte Berufsfreiheit der Betriebe verletze. Im Beschluss des VGH heißt es laut foodwatch dazu: „Das Grundrecht der Berufsfreiheit vermittelt kein Recht des Unternehmens, nur so von anderen dargestellt zu werden, wie es gesehen werden möchte oder wie es sich und seine Produkte selber sieht.“ Der VGH weise im konkreten Fall außerdem darauf hin, dass das Unternehmen die negative Darstellung in der Öffentlichkeit durch rechtstreues Verhalten hätte verhindern können.
Zahlreiche Verwaltungsgerichte hätten in den letzten Monaten über die Klagen und Anträge betroffener Betriebe gegen die Weitergabe von Kontrollergebnissen entschieden – mit unterschiedlichem Ausgang. In zweiter Instanz beschäftigten sich derzeit mehrere Oberverwaltungsgerichte mit „Topf Secret“. foodwatch erwartet demnach die Entscheidungen in den nächsten Wochen.

Bürger haben über das VIG Rechtsanspruch, amtliche Informationen zur Lebensmittelüberwachung zu erhalten

Auch das OVG Hamburg habe kürzlich einen Beschluss veröffentlicht, jedoch keine Entscheidung über die eigentliche Rechtsfrage getroffen, ob Bürger die Lebensmittelkontrollberichte erhalten dürfen. Es habe lediglich in einem sogenannten Eilverfahren entschieden, dass die Informationen bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorerst zurückgehalten werden müssten.
Nun habe mit dem VGH Baden-Württemberg erstmalig ein Oberverwaltungsgericht zu der eigentlichen Rechtsfrage Stellung genommen. Der VGH sei dabei der Linie des Bundesverwaltungsgerichts gefolgt. Das höchste Verwaltungsgericht habe kürzlich in einem Grundsatzurteil die Informationsrechte ebenfalls eindeutig gestärkt: Bürger hätten über das VIG einen Rechtsanspruch, amtliche Informationen zur Lebensmittelüberwachung zu erhalten – auch eine mögliche Veröffentlichung stehe dem nicht entgegen.

Weitere Informationen zum Thema:

foodwatch die essensretter
TOPF SECRET

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VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss



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