Steuer-ID – datensicherheit.de Informationen zu Datensicherheit und Datenschutz https://www.datensicherheit.de Datensicherheit und Datenschutz im Überblick Mon, 01 Mar 2021 20:41:12 +0000 de hourly 1 LfDI RLP warnt: Registermodernisierungsgesetz gefährdet Informationelle Selbstbestimmung https://www.datensicherheit.de/lfdi-rlp-warnung-registermodernisierungsgesetz-gefaehrdung-informationelle-selbstbestimmung https://www.datensicherheit.de/lfdi-rlp-warnung-registermodernisierungsgesetz-gefaehrdung-informationelle-selbstbestimmung#respond Mon, 01 Mar 2021 20:41:12 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=39155 Prof. Dieter Kugelmann (LfDI RLP) fordert: „Es darf nicht zu Persönlichkeitsprofilen kommen!“

[datensicherheit.de, 01.03.2021] Laut einer aktuellen Meldung des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz (LfDI RLP) warnt die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (Datenschutzkonferenz, DSK) „eindringlich vor der Verabschiedung des Registermodernisierungsgesetzes in der derzeitigen Fassung“. Dieses Gesetz sehe den Einsatz der Steuer-Identifikationsnummer (Steuer-ID) als zentrales Ordnungsmerkmal in der öffentlichen Verwaltung vor, um den Datenaustausch zwischen Behörden zu erleichtern. Nachdem schon der Bundestag Ende Januar 2021 das Gesetz angenommen habe, sei nun die abschließende Beratung im Bundesrat vorgesehen.

Erstellung umfassender Persönlichkeitsprofile: LfDI moniert Möglichkeiten des Missbrauchs

Die Datenschutzkonferenz habe bereits 2019 und 2020 erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Durch die Schaffung eines solchen einheitlichen und verwaltungsübergreifenden Personenkennzeichens – auch in Verbindung mit einer entsprechenden Infrastruktur zum Datenaustausch – bestehe die „Gefahr einer missbräuchlichen Verknüpfung personenbezogener Daten und der Erstellung umfassender Persönlichkeitsprofile“.
Prof. Dieter Kugelmann, der LfDI, führt aus: „Wenn das Gesetz in der vorliegenden Form umgesetzt wird, könnten sich staatliche Stellen ein äußerst aufschlussreiches Persönlichkeitsprofil ihrer Bürgerinnen und Bürger schaffen. Dies eröffnet Möglichkeiten des Missbrauchs, etwa durch einzelne, externe Personen oder aufgrund von Hacker-Angriffen. In Zeiten der Pandemie und der rasch voranschreitenden Digitalisierung muss es aber darum gehen, Vertrauen zu schaffen und nicht Ängste zu schüren. Das zentrale Ziel muss sein, dass die Verwaltung schnell, effektiv und datenschutzgerecht funktioniert. Die Alternative sind bereichsspezifische Lösungen.“

Im Gesetzentwurf vorgesehenen technischen und organisatorischen Sicherungen genügen laut LfDI nicht

Das Bundesverfassungsgericht habe der Einführung von Personenkennzeichen enge Schranken auferlegt, welche in dem vorliegenden Gesetzentwurf missachtet würden. Der Blick auf den Anwendungsumfang der geplanten Regelung zeige das Potenzial der möglichen missbräuchlichen Verwendung. In über 50 Registern solle die Steuer-ID als zusätzliches Ordnungsmerkmal aufgenommen werden. Auf diese Weise könnten beispielsweise Daten aus dem Melderegister mit Daten aus dem Versichertenverzeichnis der Krankenkassen sowie dem Register für ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt abgeglichen und zu einem Persönlichkeitsprofil zusammengefasst werden.
Die im Gesetzentwurf vorgesehenen technischen und organisatorischen Sicherungen genügten nicht, um eine solche Profilbildung wirksam zu verhindern. Diese stellten zwar sicher, dass nur autorisierte Behörden die erforderlichen Daten Ende-zu-Ende-verschlüsselt übermittelten, allerdings böten sie keinen ausreichenden Schutz vor einer missbräuchlichen Zusammenführung der Daten zu einer Person aus unterschiedlichen Registern. Zudem verzichte das Gesetz für einen nicht unerheblichen Teil der Übermittlungen auch noch auf diese Sicherungen. Darüber hinaus sollten sich die Sicherheits- und Transparenzmaßnahmen des Gesetzesentwurfs auch auf den Steuerbereich erstrecken, in dem fortan ebenfalls das neue allgemeine Personenkennzeichen verwendet werde.

LfDI kritisiert ausgedehnte Verwendung der Steuer-ID als einheitliches Personenkennzeichen

Die ausgedehnte Verwendung der Steuer-ID als einheitliches Personenkennzeichen stehe zudem im Widerspruch zu ihrer ursprünglichen Funktion für rein steuerliche Sachverhalte: „Nur aufgrund dieser Zweckbestimmung konnte sie bislang als verfassungskonform angesehen werden.
Die Datenschutzkonferenz habe demgegenüber „sektorspezifische“ Personenkennziffern gefordert, die datenschutzgerecht und zugleich praxisgeeignet seien, weil sie einerseits einen einseitigen staatlichen Abgleich deutlich erschwerten und andererseits eine natürliche Person eindeutig identifizierten. Dieses Modell werde in Österreich seit vielen Jahren erfolgreich praktiziert und könnte auch in Deutschland mit vertretbarem Aufwand eingeführt werden, wie dies von mehreren Sachverständigen im Anhörungsverfahren des Bundestages am 14. Dezember 2020 dargelegt worden sei.

LfDI: Recht auf Informationelle Selbstbestimmung muss verlässlich gewährleistet sein

Gerade in Zeiten einer weitreichenden Digitalisierung staatlicher Verarbeitungsprozesse komme es darauf an, diese auf Strukturen aufzusetzen, die sicherstellten, dass auch bei gegebenenfalls veränderten Rahmenbedingungen das Recht auf Informationelle Selbstbestimmung verlässlich gewährleistet werde.
Die Datenschutzkonferenz appelliert nach eigenen Angaben „erneut an den Gesetzgeber, auf die geplante Neukonzeption der Steuer-ID als registerübergreifendes Personenkennzeichen zu verzichten“.

Weitere Informationen zum Thema:

DSK DATENSCHUTZKONFERENZ, 26.08.2020
Entschließung der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder / Registermodernisierung verfassungskonform umsetzen!

DSK DATENSCHUTZKONFERENZ, 12.09.2019
Entschließung der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder / Digitalisierung der Verwaltungdatenschutzkonform und bürgerfreundlich gestalten!

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Registermodernisierungsgesetz: Heinz Müller warnt vor Gläsernem Bürger https://www.datensicherheit.de/registermodernisierungsgesetz-heinz-mueller-warnung-glaeserner-buerger https://www.datensicherheit.de/registermodernisierungsgesetz-heinz-mueller-warnung-glaeserner-buerger#respond Fri, 29 Jan 2021 19:07:19 +0000 https://www.datensicherheit.de/?p=38851 Entgegen massiver Kritik verabschiedete der Bundestag am 28. Januar 2021 das Registermodernisierungsgesetz

[datensicherheit.de, 29.01.2021] Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Mecklenburg-Vorpommern nimmt aus aktuellem Anlass Stellung zu dem entgegen massiver Kritik vom Deutschen Bundestag am 28. Januar 2021 verabschiedeten Registermodernisierungsgesetz. Zentraler Bestandteil dieses Gesetzes sei eine Regelung, nach welcher die Steuer-ID nunmehr zu einer allgemeinen Identifikationsnummer werden soll.

Registermodernisierungsgesetz würde umfangreiche Profilerstellung erlauben

„Damit kommen wir dem ‚Gläsernen Bürger‘ einen großen Schritt näher“, warnt Heinz Müller, der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Mecklenburg-Vorpommern: Aussagekräftige Informationen, wie Gesundheitsdaten, Daten aus dem Schuldnerverzeichnis, Daten zu Hartz-IV-Ansprüchen, Informationen über Vorstrafen und Informationen zu Verwandtschaftsverhältnissen könnten auf diese Weise zu einem Profil zusammengefasst werden.

Registermodernisierungsgesetz verletzt Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung

Die Konferenz der Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder (DSK) habe wiederholt vor der Einführung eines solchen einheitlichen Personenkennzeichens gewarnt, weil jene diesem Gesetz zugrundeliegende Architektur dem Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung zuwiderlaufe. Stattdessen habe die DSK „sektorspezifische“ Personenkennziffern gefordert. Damit könnte eine natürliche Person eindeutig identifiziert, der einseitige und umfassende staatliche Abgleich jedoch deutlich erschwert werden.

Registermodernisierungsgesetz nach Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags verfassungswidrig

Auch nach einem Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages sei dieses Gesetz verfassungswidrig. „Es steht zu befürchten, dass der Staat jederzeit auf alle verfügbaren persönlichen Daten zugreift und sie miteinander verknüpft. Genau dies wollte das Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil von 1983 mit dem dort eingeführten Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung verhindern“, erläutert Müller. Das Gericht habe deshalb ausdrücklich die Einführung eines einheitlichen Personenkennzeichens verboten.

Bundesrat muss Registermodernisierungsgesetz noch zustimmen

Das Registermodernisierungsgesetz müsse vor dem Inkrafttreten noch die Länderkammer passieren. Müller fordert nach eigenen Angaben die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern auf, „dem Registermodernisierungsgesetz im Bundesrat ihre Zustimmung zu verweigern.

Weitere Informationen zum Thema:

datensicherheit.de, 03.08.2011
Warnung des Bundesdatenschutzbeauftragten: Steuer-ID droht zum allgemeinen Personenkennzeichen zu werden

Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Mecklenburg-Vorpommern
Der Landesbeauftragte

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