Aktuelles, Experten - geschrieben von dp am Montag, Januar 4, 2021 21:03 - noch keine Kommentare
Keine Auslieferung von Julian Assange – Reporter aber weiter in Gefahr
Reporter ohne Grenzen warnt vor Hintertür für Verfolgung von Medienschaffenden
[datensicherheit.de, 04.01.2021] Laut aktuellen Medienberichten hat ein Gericht in Großbritannien am 4. Januar 2021 den Antrag der USA auf Auslieferung des Wikileaks-Gründers und -Verlegers Julian Assange abgelehnt. Reporter ohne Grenzen (RSF) ist nach eigenen Angaben „erleichtert über diese Entscheidung“, sieht die Begründung von Richterin Vanessa Baraitser aber „sehr kritisch“. Auf der Rangliste der Pressefreiheit belege Großbritannien Platz 35, die USA belegten Platz 45 von 180 Staaten.
Prinzipielle Ausführungen der Richterin für Reporter ohne Grenzen Anlass zu großer Sorge
„Wir begrüßen die heutige Entscheidung des Londoner Gerichts, Julian Assange aus humanitären und gesundheitlichen Gründen nicht an die USA auszuliefern. Wir teilen die Einschätzung, dass eine Auslieferung angesichts der voraussichtlichen Haftbedingungen in den USA und angesichts des fragilen psychischen und körperlichen Gesundheitszustands von Julian Assange für ihn lebensbedrohlich wäre“, so RSF-Geschäftsführer Christian Mihr.
Die vorausgegangenen Ausführungen Baraitsers gäben ihnen allerdings „Anlass zu großer Sorge“. Mihr: „Ihre Ansicht, dass es sich nicht um ein politisches Verfahren handelt und dass es nicht um grundlegende Fragen der Pressefreiheit berührt, teilen wir in keiner Weise.“
Reporter ohne Grenzen fordern USA auf, Anklage juristisch fallen zu lassen oder Assange politisch zu begnadigen
Die Richterin halte die Anklagepunkte der USA in der Sache für gerechtfertigt und gebe dem Auslieferungsantrag nur deshalb nicht statt, weil Assange in schlechter gesundheitlicher Verfassung sei. Dies lasse eine Hintertür offen für die Verfolgung von Journalisten weltweit, „die geheime Informationen von großem öffentlichen Interesse veröffentlichen, wie es Assange getan hat“.
Mihr betont: „Es liegt jetzt an den USA, die Anklage juristisch fallen zu lassen oder ihn politisch zu begnadigen. Das Verfahren hat zudem gezeigt, dass langfristig das US-Spionagegesetz überarbeitet werden muss, damit ausgeschlossen wird, dass es gegen Medienschaffende verwendet werden kann.“
Reporter ohne Grenzen hat Auslieferungsverfahren seit Beginn kontinuierlich mitverfolgt
Die US-Regierung habe bereits angekündigt, gegen diese Entscheidung Berufung einzulegen. Assange sei nach dem Gerichtstermin wieder in das Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh gebracht worden. Am 6. Januar 2021 werde die Richterin entscheiden, ob er auf Kaution freikommt. RSF fordert laut Mihr „nach wie vor Assanges unverzügliche Freilassung“ und werde auch den Termin am 6. Januar 2021 beobachten.
RSF sei die einzige NGO, welche das Auslieferungsverfahren seit Beginn im Februar 2020 kontinuierlich im Gericht mitverfolgt habe. Auch bei der aktuellen Entscheidung sei RSF im Gericht in London vor Ort gewesen. „Wie schon während der Anhörungswochen im September hatte RSF weder einen garantierten Zugang zum Gerichtssaal noch Zugriff auf den Videolink für Medienvertreterinnen und Medienvertreter, obwohl letzteres vorab vom Gericht zugesagt worden war.“ Die Organisation habe nur deshalb Zutritt erlangt, weil Mitarbeitende seit den frühen Morgenstunden vor dem Gericht in der Kälte ausgeharrt hätten.
Weitere Informationen zum Thema:
datensicherheit.de, 08.03.2017
G DATA: CIA-WikiLeaks-Enthüllungen kein Einzelfall
JUDICIARY OF ENGLAND AND WALES District Judge (Magistrates’ Court)
Vanessa Baraitser In the Westminster Magistrates’ Court / Between: THE GOVERNMENT OF THE UNITED STATES OF AMERICA Requesting State -v- JULIAN PAUL ASSANGE
RSF REPORTER OHNE GRENZEN
Großbritannien / Rangliste der Pressefreiheit – Platz 35 von 180
RSF REPORTER OHNE GRENZEN
Vereinigte Staaten von Amerika / Rangliste der Pressefreiheit – Platz 45 von 180
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