Aktuelles, Branche - geschrieben von am Dienstag, November 15, 2016 19:03 - noch keine Kommentare

Falldatei Rauschgift: Datenschutzbehörden kritisieren rechtswidrige Speicherung

Auf Initiative der BfDI bundesweit Speicherpraxis bei Drogendelikten untersucht

[datensicherheit.de, 15.11.2016] Die Kriminalämter des Bundes und der Länder haben jahrelang offenbar rechtswidrig personenbezogene Daten in der Falldatei „Rauschgift“ gespeichert. Dies habe die erste gemeinsame Kontrolle durch die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder ergeben, so die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI).

Auch Bagatellfälle rechtswidrig erfasst

Auf Initiative BfDI sei bundesweit die Speicherpraxis bei Drogendelikten untersucht worden. Bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz hätten Polizeibehörden aus Bund und Ländern oftmals personenbezogene Daten gespeichert, ohne dies wie vorgeschrieben zu begründen.
Auch Bagatellfälle seien rechtswidrig erfasst worden. Das zeige eine gemeinsame Kontrolle der Falldatei Rauschgift (FDR) durch die Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder. Diese sei Teil der beim Bundeskriminalamt geführten bundesweiten INPOL-Datenbank und habe 2015 Informationen zu Drogendelikten von rund 680.000 Personen enthalten. In ihr speichern demnach das Bundeskriminalamt, das Zollkriminalamt und die Polizeibehörden der Länder.

Nur Straftaten mit länderübergreifender oder erheblicher Bedeutung zu speichern!

Registrieren die Behörden einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, könnten sie Beschuldigte in der Falldatei „Rauschgift“ speichern, um weitere Straftaten zu verhindern und zukünftige Ermittlungen zu erleichtern.
Gespeichert werden dürften aber nur Straftaten mit länderübergreifender oder erheblicher Bedeutung. Jede Speicherung müsse nach dem Gesetz einzeln geprüft und in einer sogenannten Negativprognose begründet werden.
In der Praxis seien die Vorgaben des BKA-Gesetzes (Paragraph 8 BKAG) aber nicht immer umgesetzt worden – dies hätten Kontrollen der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und der Landesdatenschutzbeauftragten aus Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen gezeigt.

Verstöße entdeckt

So hätten die Datenschützer Einträge zu Bagatellfällen wie dem Konsum eines Joints gefunden. Auch die Daten des Gastgebers einer Privatparty seien gespeichert worden, in dessen Toilette Gäste Drogen konsumiert hätten. Ein Apotheker sei registriert worden, nachdem ein Kunde rezeptpflichtige Medikamente gestohlen habe. Bei einer Vielzahl von Einträgen hätten die geforderten Negativprogosen gefehlt, in denen begründet werde, warum mit weiteren Straftaten zu rechnen sei. In etlichen Fällen sei nicht überprüft worden, ob Daten nach Freisprüchen oder Verfahrenseinstellungen gelöscht werden müssten. Häufig hätten die dafür notwendigen Rückmeldungen der Staatsanwaltschaft gefehlt.

Kriminalämter müssen nachbessern!

Die Polizei solle und müsse die Drogenkriminalität effektiv bekämpfen können. Dabei müsse aber auch in der täglichen Ermittlungsarbeit auf den Datenschutz geachtet werden.
Diese erste gemeinsame Kontrolle durch Datenschützer im Bund und in den Ländern zeige, dass personenbezogene Daten einer Vielzahl von Menschen ohne Begründung bundesweit abrufbar seien. Die Kriminalämter müssten hierbei nachbessern und auch Daten löschen, erklärt BfdI Andrea Voßhoff.
In einer gemeinsamen Entschließung fordere die Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder (DSK) deshalb, die beanstandeten Mängel zu beheben. Auch in anderen Verbunddateien der Polizei müssten diese grundlegenden Regeln für die Speicherung eingehalten werden.

Weitere Informationen zum Thema:

datensicherheit.de, 21.04.2016
Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2016 zum BKA-Gesetz stärkt Datenschutz



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