Aktuelles, Experten - geschrieben von am Donnerstag, Dezember 22, 2016 0:21 - noch keine Kommentare

Europäischer Gerichtshof: Urteil gegen anlasslose Vorratsdatenspeicherung

Innerstaatliche Regelungen zur umfangreichen Speicherung von Daten nur zur Bekämpfung schwerer Straftaten

[datensicherheit.de, 22.12.2016] Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz (LfDI RLP) weist in seiner Aussendung vom 22. Dezember 2016 darauf hin, dass sich in einem am 21. Dezember 2016 erlassenen Urteil der Europäische Gerichtshof (EuGH) gegen die Vorratsspeicherung von Daten einer unbegrenzten Anzahl von Personen ohne Anlass stellt.

Verstoß gegen das Europarecht

Konkret sei es um die Regelungen zur Vorratsspeicherung in Schweden und Großbritannien gegangen. Der EuGH sieht demnach in diesen nationalen Regelungen einen Verstoß gegen das Europarecht.
Damit sei klargestellt, dass das Europarecht auf Regelungen zur Vorratsspeicherung von Daten auch künftig anwendbar ist. Die zugrunde liegende Richtlinie über die elektronische Kommunikation sei geltendes Recht und werde gerade bearbeitet.

Nur gezielte Speicherung aus bestimmtem Anlass zulässig

Damit sei auch die vor Kurzem getroffene deutsche Regelung der Vorratsspeicherung am Europarecht zu messen. Maßstab seien die Grundrechte auf Privatheit, Datenschutz und freie Meinungsäußerung der europäischen Grundrechtecharta.
Der EuGH sieht laut LfDI RLP innerstaatliche Regelungen zur umfangreichen Speicherung von Daten nur dann als gerechtfertigt an, wenn dies der Bekämpfung schwerer Straftaten dient. Dieser habe festgestellt, dass aus der Gesamtheit der umfangreichen gespeicherten Daten sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben der Personen gezogen werden könnten, die letztlich zu einem besonders schwerwiegenden Eingriff führten. Eine gezielte Speicherung aus bestimmtem Anlass sei sehr viel eher möglich. Die Zugriffsregelung für die Sicherheitsbehörden müsse aber die materiellen und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen nach einem objektiven Maßstab festlegen.

Deutsche Rechtslage auf dem Prüfstand

Der LfDI RLP: „Für die deutsche Rechtslage heißt das, dass die Vorratsdatenspeicherung im geltenden Bundesrecht, die demnächst wirksam werden soll, auf ihre Vereinbarkeit mit diesen Maßstäben zu prüfen ist.“ Die deutsche Regelung sei zwar im Vergleich zu den Regelungen anderer Mitgliedstaaten zurückhaltend und moderat. Dennoch müssten ihre Eingriffsvoraussetzungen und die Anwendung etwa auf Berufsgeheimnisträger wie Geistliche oder Ärzte auch europarechtlich geprüft werden.

Auswirkungen über Vorratsdatenspeicherung hinaus

Das Urteil des EuGH gehe in seinen Wirkungen über die Vorratsdatenspeicherung hinaus. Jede Maßnahme der Sicherheitsbehörden, die keinen konkreten Anlass hat und dabei einen sehr großen Personenkreis erfasst, sei allenfalls unter engen Voraussetzungen zur Bekämpfung schwerer Kriminalität möglich. Dies betreffe auch Maßnahmen der Polizeigesetze auf Länderebene, wie etwa des rheinland-pfälzischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes.

EuGH als „Fels in der sicherheitspolitischen Brandung“

„In der angesichts der schrecklichen Ereignisse in Deutschland und Europa zweifellos aktuellen Sicherheitsdiskussion ist Besonnenheit gefragt“, betont der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Prof. Dr. Kugelmann.
Der EuGH stütze die Argumente und Positionen derer, die sich für genaues Hinsehen und gegen voreilige Ausweitung von Überwachungsmaßnahmen aussprechen. Damit habe der EuGH sich einmal mehr als „Fels in der sicherheitspolitischen Brandung“ erwiesen. Gemeinsam mit dem Bundesverfassungsgericht werde er damit der Aufgabe gerecht, „die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger in Europa zu wahren“.

Weitere Informationen zum Thema:

datensicherheit.de, 14.12.2016]
Vorratsdatenspeicherung: Noch mehr Argumente für die Verfassungsbeschwerde

 

 



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