Aktuelles, Experten - geschrieben von dp am Dienstag, Juli 19, 2011 22:07 - noch keine Kommentare
ELENAs jähes Ende: Knallende Sektkorken, Kritik an der Hüh-Hott-Politik und Forderung nach Rechtsklarheit
Reaktionen des FoeBuD, des BITKOM und des BfDI
[datensicherheit.de, 19.07.2011] Freude über das Ende der „Datenkrake“, aber auch die Notwendigkeit der weiteren Aufmerksamkeit hinsichtlich unverhältnismäßiger zentraler Datensammlungen kennzeichnet die Reaktion des FoeBuD. Mit Blick auf die bereits getätigten Investitionen der Wirtschaft und den Aufwand für den „Rückbau“ kritisiert der BITKOM die „ Hüh-Hott-Politik der Bundesregierung“, gibt sich aber prinzipiell als Befürworter eines elektronischen Entgeltnachweises, der nach Ansicht des Verbandes im laufenden Betrieb hätte verbessert werden können. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit fordert angesichts der bereits gespeicherten Datenmengen und der Meldepflichten der Arbeitgeber schnellstmöglich Rechtsklarheit für alle Beteiligten.
- Zur Erledigung der „Datenkrake ELENA“ dankt der FoeBuD e.V. für die Unterstützung und kündigt an, zur Feier „die Sektkorken knallen“ zu lassen. Denn damit sei die Verfassungsbeschwerde des FoeBuD gegen ELENA vom März 2010 letztlich noch vor der Verhandlung in Karlsruhe erfolgreich. An dieser Verfassungsbeschwerde hatten sich innerhalb von zwei Wochen über 22.000 Mitkläger beteiligt. Über ein Jahr lang habe die Bundesregierung die Probleme mit ELENA verschleppt, nun habe sie „die Reißleine ziehen“ müssen, so Rena Tangens vom FoeBuD. Rechtsanwalt Meinhard Starostik, der gemeinsam mit dem Kölner Anwalt für IT-Recht Dominik Boecker die Verfassungsbeschwerde für den FoeBuD eingereicht hat, bedauert indes, dass lediglich ein technischer Grund angegeben und nicht auf die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Verfahren der Übermittlung von Lohndaten an die zentrale Speicherstelle beim Rechenzentrum der Deutschen Rentenversicherung eingegangen wurde. Auch sei das Vorgehen, alle wichtigen Daten der Bundesbürger in zentralen elektronischen Dateien zu sammeln, damit laut FoeBuD nicht vom Tisch – trotz des aktuellen Erfolges bei ELENA sei also weiterhin höchste Wachsamkeit angezeigt, damit nicht ein Ersatz für dieses unverhältnismäßige Verfahren „durch die kalte Küche“ wieder eingeführt werde. Der FoeBuD werde die zukünftige Entwicklung daher auf jeden Fall aufmerksam begleiten.
- Scharfe Kritik an dem Stopp des elektronischen Entgeltnachweises und der „Hüh-Hott-Politik der Bundesregierung“ übt der Verband BITKOM. Der Praxisbetrieb von ELENA habe keinerlei Erkenntnisse zutage gefördert, die nicht vor dem Start dieses Systems bekannt gewesen wären. Es erstaune, dass man mit großem Aufwand und nach langer Vorbereitungszeit ein modernes Verfahren einführe und dann „handstreichartig“ wieder beende. Anstatt das Rad zurückzudrehen, hätte man besser den Umfang der einzusammelnden Daten kritisch überprüfen und Verbesserungen im laufenden Betrieb vornehmen sollen, wie das bei Technologieprojekten üblich sei, so BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf. Die Wirtschaft habe im Vertrauen auf ein Bundesgesetz viel in ELENA investiert. Diese Investitionen der Wirtschaft, aber auch jene der Verwaltung zum Aufbau der ELENA-Infrastruktur, würden damit obsolet. Noch schlimmer sei, so der BITKOM, dass die Wirtschaft jetzt auch noch den Aufwand des Rückbaus zu tragen habe.
- Entgegen der ursprünglichen Annahme habe sich das ELENA-Verfahren bereits nach kurzer Zeit als wesentlich komplexer und schwieriger erwiesen, als dies bei seiner Planung vorhergesehen worden sei, so der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI). Die Entscheidung der Bundesregierung sei auch Folge der Tatsache, dass sich die qualifizierte elektronische Signatur entgegen den Erwartungen der Politik nicht ausreichend verbreitet habe. Es komme jetzt laut Peter Schaar darauf an, schnellstmöglich Rechtsklarheit für alle Beteiligten zu schaffen, denn in der Datenbank seien bereits über 700 Millionen Datensätze gespeichert. Schaar fordert daher den Bundesgesetzgeber auf, die vollständige Löschung gesetzlich sicher zu stellen. Auch müsse der Umgang mit den Meldepflichten der Arbeitgeber geklärt werden – die Pflicht zur monatlichen Meldung zum Teil sensibler personenbezogener Daten der Beschäftigten habe nach der Entscheidung zur Einstellung des Verfahrens jedenfalls keinen Sinn mehr.
Weitere Informationen zum Thema:
BfDI, 19.07.2011
„ELENA – Schnellstmöglich Löschung der Daten gesetzlich sicherstellen!“
BITKOM, 19.07.2011
BITKOM zum Aus für Elena / Scharfe Kritik an der Hüh-Hott-Politik der Bundesregierung
FoeBuD e.V., 19.07.2011
Stellungnahme von Rechtsanwalt Meinhard Starostik zur Einstellung von ELENA
datensicherheit.de, 18.07.2011
BMWi: Schnellstmögliche Einstellung des ELENA-Verfahrens / Fehlende Verbreitung der qualifizierten elektronischen Signatur als Grund benannt
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