Aktuelles, Experten - geschrieben von dp am Donnerstag, Juli 12, 2018 21:39 - noch keine Kommentare
Digitaler Nachlass: Deutscher AnwaltVerein sieht zukunftsweisendes BGH-Urteil
facebook muss Eltern Zugriff auf das Konto ihrer verstorbenen Tochter einräumen
[datensicherheit.de, 12.07.2018] Auch der Deutsche AnwaltVerein (DAV) zeigt sich „erfreut über die höchstrichterliche Bestätigung, dass die erbrechtliche Regelung zur Gesamtrechtsnachfolge auch für Nutzerkonten in Sozialen Netzwerken gilt“. DAV-Präsident Ulrich Schellenberg: „Der DAV begrüßt die Entscheidung. Jetzt gibt es Rechtssicherheit für die Erben auch in der digitalen Welt.“ Der DAV habe seit Jahren gefordert, dass der Gesetzgeber beim Digitalen Erbe für Klarheit sorgen möge. Dies dürfte nunmehr dank der frühen höchstrichterlichen Entscheidung entbehrlich sein. Sinnvoll wäre es laut DAV jedoch, eine europäische Regelung anzustreben, da die BGH-Entscheidung nur für Deutschland gilt.
BGH: Eltern treten in Nutzungsvertrag ein
Bisher war klar: Briefe, Tagebücher, Akten im Safe – verstirbt der Eigentümer, erhalten die Erben darauf Zugriff. Was aber mit E-Mails, mit Dateien in Cloud-Programmen oder mit Chats und Einträgen in Sozialen Netzwerken passiert, hat der Bundesgerichtshof (BGH) erst am 12. Juli 2018 entschieden.
Der BGH bestätigte, dass der Social-Media-Dienst facebook den Eltern eines verstorbenen Mädchens Zugriff auf sein früheres Konto gewähren muss. Die Tochter habe mit facebook einen Nutzungsvertrag geschlossen – und die Eltern seien als Erben in die Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag eingetreten.
Online-Chats hinsichtlich des Vertrauensschutzes zu behandeln wie analoge Briefe
Ende 2012 sei das Mädchen vor eine U-Bahn gestürzt und gestorben. Die Eltern hätten gehofft, in seinem facebook-Chat-Verlauf Klarheit über ein mögliches Suizidmotiv zu erhalten. Obwohl sie das Passwort gehabt hätten, sei eine Anmeldung zu dem von facebook bereits im sogenannten „Gedenkzustand“ eingefrorenen Profil nicht mehr möglich gewesen. Der US-Konzern habe sich geweigert, den Eltern als Erben den Zugang zum Account zu gewähren, da die anderen Nachrichtenpartner von einer Vertraulichkeit der Chats hätten ausgehen dürfen. Die Mutter habe sodann Klage eingereicht.
Nach dem zusprechenden Urteil des LG Berlin 2015 (20 O 172/15) habe das Kammergericht 2017 (21 U 9/16) in der Berufungsentscheidung der Mutter den Zugang zum facebook-Konto unter Bezugnahme auf das Fernmeldegeheimnis verwehrt. Der BGH habe nun indes das erstinstanzliche Urteil bestätigt: facebook müsse den Eltern Zugriff auf das Konto der verstorbenen Tochter einräumen – Online-Chats seien hinsichtlich des Vertrauensschutzes nicht anders zu behandeln als analoge Briefe.
Weitere Informationen zum Thema:
Deutscher AnwaltVerein, Juni 2013
Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins durch die Ausschüsse Erbrecht, Informationsrecht und Verfassungsrecht
datensicherheit.de, 12.07.2018
BGH-Urteil: Klarheit zum Thema Digitaler Nachlass geschaffen
datensicherheit.de, 12.07.2018
BGH-Urteil: Klarheit zum Thema Digitaler Nachlass geschaffen
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