Aktuelles, Experten - geschrieben von am Freitag, Juni 11, 2021 19:16 - noch keine Kommentare

Deutsche Anwaltverein: Schluss mit der Abwärtsspirale beim Mandatsgeheimnis!

Mandatsgeheimnis zunehmend durch neue Gesetze bedroht

[datensicherheit.de, 11.06.2021] Der Deutsche Anwaltverein (DAV) fordert in Kontext des „Anwaltstages“ nach eigenen Angaben den „absoluten Schutz des Berufsgeheimnisses“. Mit Blick auf die Bundestagswahl 2021 trägt der DAV demnach „große Sorge, dass das anwaltliche Berufsgeheimnis in der nächsten Legislaturperiode weiter unter Druck gerät“. Zuletzt sei vermehrt die Tendenz zur Ausnahme, Abschwächung oder Abwägung zu beobachten gewesen – „und damit ein bedenkliches Verständnis von Anwaltschaft und Rechtsstaat“.

Mandatsgeheimnis kein Privileg der Anwaltschaft – sondern Schutz für Mandanten

Die Pflicht zur Verschwiegenheit zum Schutz der Mandantschaft werde zunehmend durch neue Gesetze bedroht – nicht nur durch Reformen der StPO oder der Polizeigesetze. Auch etwa im Umfeld von Wirtschaft, Zoll oder EU-Vorhaben bestehe die Gefahr einer Erosion dieses rechtsstaatlichen Grundpfeilers: „Das Mandatsgeheimnis ist kein Privileg, sondern eine Pflicht“, betont DAV-Präsidentin Edith Kindermann.
Das anwaltliche Berufsgeheimnis sei erst recht kein Privileg der Anwaltschaft, sondern diene dem Schutz der Mandantschaft. Der DAV müsse bei immer mehr Gesetzesvorhaben ein Auge darauf haben, dass das Mandatsgeheimnis nicht vor lauter „gutem Willen“ vergessen werde: „Wir beobachten hier eine Abwärtsspirale – die darf in der nächsten Legislatur so nicht weitergehen“, so Kindermanns Forderung.

Geplante Unternehmenssanktionen bedrohen Mandatsgeheimnis

Eine europaweit einzigartige Durchbrechung des anwaltlichen Berufsgeheimnisses finde sich im Entwurf des Verbandssanktionengesetzes. Trotz der scharfen Kritik des DAV und anderer Verbände beschränke sich das Beschlagnahmeverbot darin auf solche Dokumente, welche das Vertrauensverhältnis zwischen einem Beschuldigten und seinem Verteidiger beträfen. Sollte diese Regelung in der nächsten Legislatur Gesetz werden, unterläge jegliche Dokumentation anwaltlicher Beratung und Tätigkeit außerhalb eines strafrechtlichen Mandats der Beschlagnahme.
Kindermann warnt: „Hier fehlt es nicht nur an einer sachlich nachvollziehbaren Begründung – die Trennung von ,Internal Investigations‘ und Strafverteidigung offenbart auch ein tiefes Misstrauen gegenüber der Anwaltschaft und ihrer Rolle im Rechtsstaat als unabhängiges Organ der Rechtspflege.“ Der durchschimmernde Generalverdacht – wahlweise einer Komplizenschaft oder einer Übertölpelung durch kriminelle Unternehmen – sei „mit aller Schärfe“ zurückzuweisen.

Mandatsgeheimnis auch bei digitaler Kommunikation zu wahren

Die anwaltliche Verschwiegenheit müsse auch für das Digitale Zeitalter fit gemacht werden. Der DAV spreche sich daher auch gegen das verdachtsunabhängige flächendeckende Scannen von Online-Kommunikationsdiensten aus. In der geplanten Übergangsverordnung der EU zur Bekämpfung sexuellen Kindesmissbrauchs im Internet sei der Schutz des Mandatsgeheimnisses mittlerweile gesetzlich verankert.
Dafür habe sich der DAV in den letzten Monaten unermüdlich eingesetzt. In diesem Jahr, 2021, werde noch ein Gesetzentwurf für eine permanente Regelung erwartet. Der DAV werde sich auch hier dafür einsetzen, „dass die vertrauliche Kommunikation zwischen Anwaltschaft und Mandantschaft geschützt bleibt“.

Schutz des Mandatsgeheimnisses absolut zu gewährleisten

In den Polizeigesetzen sei der Schutz des anwaltlichen Berufsgeheimnisses seit jeher lückenhaft. Auch die aktuellen Novellen änderten daran nichts. Die Anwaltschaft sei vor zahlreichen polizeilichen Maßnahmen nicht geschützt. So bestehe etwa bei offenen Maßnahmen wie die Durchsuchung von Personen, Sachen, Wohnungen und Geschäftsräumen kein Schutz – und auch bei diesen Maßnahmen könnten Daten und Informationen erhoben werden, welche das geschützte Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant beträfen.
Der Schutz des Mandatsgeheimnisses müsse absolut gewährleistet werden – ohne Ausnahmen, ohne Verhältnismäßigkeitsprüfung. Notwendig sei eine Generalklausel nach dem Vorbild des § 62 des BKA-Gesetzes für alle gefahrenabwehrrechtlichen Befugnisnormen, nicht nur die „klassisch“ polizeirechtlichen. Ein gutes Beispiel hierfür sei die Novelle des Zollfahndungsdienstegesetzes gewesen: „Der darin normierte Berufsgeheimnisträgerschutz achtet das Mandatsgeheimnis umfassend für alle Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände.“

Mandatsgeheimnis Basis für Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat

Zur Erfüllung der anwaltlichen Aufgabe im Rechtsstaat sei das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses zum Mandanten Voraussetzung. „Soll das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat aufrechterhalten bleiben, so muss die Kommunikationssphäre zwischen Mandantschaft und Anwaltschaft zwingend umfassend normativ geschützt werden.“
Mandanten müssten sich darauf verlassen können, dass Informationen im Rahmen dieses Vertrauensverhältnisses nicht nach außen dringen, insbesondere nicht an Ermittlungsbehörden. Diese Forderung nach einem absoluten Schutz des anwaltlichen Berufsgeheimnisses sei mithin kein Ausdruck eines berufsständischen Dünkels, sondern Konsequenz der gesetzgeberischen Einschätzung der Funktion der Anwaltschaft im Rechtsstaat.



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