Aktuelles, Branche - geschrieben von am Mittwoch, Oktober 16, 2019 18:56 - noch keine Kommentare

Datenschutzbehörden stellen neuen Bußgeldkatalog offiziell vor

Neue Risiken für Unternehmen und Vorstände

[datensicherheit.de, 16.10.2019] Die deutschen Datenschutzbehörden haben heute ihr Modell zur Festlegung von wirksamen und abschreckenden Bußgeldern nach Art. 83 EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vorgestellt. Damit wird die Bemessung von Bußgeldern nach der DSGVO künftig auf eine neue verbindliche Grundlage gestellt. Das Bußgeldmodell der Datenschutzbehörden kann gerade für größere Unternehmen und Konzerne zu sehr hohen Bußgeldern führen, denn die Behörden berechnen die Bußgelder auf der Basis des Umsatzes der „wirtschaftlichen Einheit“, also oftmals der Unternehmensgruppe.

Bußgeldrisiken müssen identifiziert und einkalkuliert werden

Für Vorstände, Datenschützer und Risikomanager bedeutet dies, dass sie zukünftig Bußgeldrisiken identifizieren und einkalkulieren müssen. „Das neue Modell ermöglicht es, die Höhe drohender Bußgeldrisiken nun deutlich präziser als bislang zu berechnen“, erläutert Tim Wybitul, Datenschutzexperte der Kanzlei Latham & Watkins, und ergänzt: „Für Vorstände bringt das neue Bußgeldmodell neue Anforderungen mit sich. Denn Risiken beim Datenschutz lassen sich nun deutlich genauer berechnen. Daher sollten Vorstände auch dafür Sorge tragen, dass das Risikomanagement eingebunden wird, um Bußgeldrisiken bei möglichen Verstößen gegen die DSGVO zu identifizieren und zu bewerten. Gegebenenfalls müssen Unternehmen, auch Rückstellungen bilden oder Anleger nach den Vorgaben des Wertpapierhandelsrechts informieren. Das hängt von der Höhe der im Einzelfall zu erwartenden Bußgelder und der Eintrittswahrscheinlichkeit solcher Risiken ab.“

Bußgelder werden zukünfitg höher ausfallen

Mit dem neuen Modell werden Bußgelder wegen Datenschutzverstößen nun auch in Deutschland deutlich höher als bislang ausfallen. So hat die Berliner Datenschutzbehörde bereits im August angekündigt, ein möglicherweise zweistelliges Millionenbußgeld zu verhängen. In anderen Ländern der Europäischen Union sind solche Beträge nichts Neues mehr. Die britische Datenschutzbehörde ICO hat in diesem Jahr Bußgelder in Höhe von etwa EUR 200 Millionen und in einem anderen Fall von EUR 100 Millionen angekündigt. Die französische Behörde hatte zuvor bereits ein Bußgeld in Höhe von EUR 50 Millionen verhängt. Das neue deutsche Bußgeldmodell ist darauf ausgelegt, die sehr hohen Bußgeldrahmen der DSGVO bei schweren Verstößen voll auszuschöpfen. Aber auch bei leichteren Übertretungen der DSGVO drohen großen Unternehmen schon Millionenbußgelder.

Latham & Watkins hat Mandanten in der Vergangenheit bereits mehrfach erfolgreich bei Bußgeldverfahren beraten. So hat das Team um Tim Wybitul beispielsweise die Knuddels GmbH & Co. KG, Betreiber der deutschsprachigen Chatcommunity Knuddels.de, erfolgreich in einem DSGVO-Bußgeldverfahren um gestohlene Nutzerdaten verteidigt. Der maximale Bußgeldrahmen der DSGVO sieht pro einzelnem Verstoß Geldbußen von bis zu EUR 20 Mio. oder 4% des Umsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres vor. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (LfDI) Baden-Württemberg verhängte dennoch nur ein sehr niedriges Bußgeld in Höhe von EUR 20.000 gegen die Latham & Watkins-Mandantin.

„Das neue Datenschutzmodell ist nur für deutsche Aufsichtsbehörden verbindlich. Weder Gerichte noch andere EU-Behörden sind an die Vorgaben des Berechnungsmodells gebunden. Allerdings stimmen sich die Behörden auch auf EU-Ebene intensiv miteinander ab, um ein gemeinsames Bußgeldmodell anzuwenden. Wenn sich die Bußgeldpraxis in der EU an dem deutschen Modell orientieren sollte, müssen sich Unternehmen in allen europäischen Mitgliedsstaaten auf gravierende Bußgelder einstellen“, so Wybitul.

Weitere Informationen zum Thema:

datensicherheit.de, 21.08.2019
DSGVO vs. CLOUD Act: EU-Unternehmen im Spannungsfeld

datensicherheit.de, 15.08.2019
Datenschutz: Latham & Watkins rät Unternehmen zu guter Vorbereitung

datensicherheit.de, 25.07.2019
Ein Jahr DSGVO: Immer noch Unsicherheit über die rechtlichen Auswirkungen



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