Aktuelles, Branche, Studien - geschrieben von dp am Sonntag, April 28, 2013 19:57 - noch keine Kommentare
BITKOM: Urheberrecht bedarf einer Reform
Fortschreitende Digitalisierung der Medien, die nach der Musikindustrie nun verstärkt die Filmbranche und den Buchmarkt erfasst
[datensicherheit.de, 28.04.2013] Der BITKOM-Verband hat eine Reform des Urheberrechts in der nächsten Legislaturperiode gefordert. Grund sei die fortschreitende Digitalisierung der Medien, die nach der Musikindustrie nun verstärkt die Filmbranche und den Buchmarkt erfasse:
Das derzeit geltende Urheberrecht könne viele Herausforderungen der Digitalisierung nicht bewältigen, sagt BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf. Zudem erodiere in der Bevölkerung die Akzeptanz für das Urheberrecht – viele digitale Angebote seien in Deutschland wegen rechtlicher Unsicherheiten gar nicht oder nur eingeschränkt verfügbar. Gleichzeitig setze den Nutzern ein rigides, kommerzielles Abmahnwesen zu. Bei der Reform des Urheberrechts sollte statt der bisherigen „Flickschusterei“ ein umfassender Ansatz gewählt werden, so der BITKOM-Präsident. Nur so könnten alle Wechselbeziehungen zwischen Kreativen, Nutzern und Internetwirtschaft berücksichtigt werden.
Ein grundlegender Systemwechsel sei aus Sicht der Hightech-Branche aber nicht notwendig. Das Urheberrecht schaffe die wirtschaftliche Grundlage für kreative und innovative Leistungen. Daran habe auch das Internet nichts geändert, betont Professor Kempf. Vielmehr gehe es darum, das Urheberrecht weiterzuentwickeln und flexibler zu machen. Der BITKOM habe seine Forderungen in einem „Whitepaper Urheberrecht“ zusammengefasst.
BITKOM: Siegeszug der digitalen Medien
Den Siegeszug der digitalen Medien illustriere eine aktuelle Umfrage im Auftrag des BITKOM, ob Internetnutzer digitale Formate oder das analoge Pendant präferieren. Danach bevorzuge bereits eine Mehrheit von 51 Prozent der Internetnutzer digitale Fotos, 46 Prozent favorisierten Fotos auf Papier. Unter den 14- bis 29-Jährigen gäben sogar 57 Prozent digitalen Fotos den Vorzug. Im Vergleich Online-Nachrichten gegen Zeitungen bevorzugten 38 Prozent der Befragten Online-News (14 bis 29 Jahre: 42 Prozent) und 59 Prozent gedruckte Zeitungen. 36 Prozent der Internetnutzer präferierten digitale Musik (14 bis 29 Jahre: 46 Prozent), 62 Prozent immer noch CDs und Schallplatten. Bei Filmen kämen digitale Videodateien oder Streaming-Dienste auf 21 Prozent (14 bis 29 Jahre: 25 Prozent), 75 Prozent bevorzugten DVDs und Blu-rays. Selbst bei Büchern gäben bereits 23 Prozent der Internetnutzer E-Books den Vorzug (14 bis 29 Jahre: 26 Prozent), während 67 Prozent den gedruckten Büchern die Treue hielten.
BITKOM-Vorschläge zur Reform des Urheberrechts:
Mehr rechtliche Flexibilität
Angesichts des hohen Innovationstempos in der Internetökonomie muss der Gesetzgeber immer häufiger neue Publikations- und Nutzungsformen berücksichtigen. Das Urheberrecht sollte daher technologieneutral und flexibel gestaltet werden, um neuen Anwendungen rechtlichen Freiraum zu geben. Bisher dauert es mehrere Jahre, bis neue Dienste eingeführt werden, wie das Beispiel Streaming-Dienste für Musik gezeigt hat.
Stopp des Abmahnunwesens
Abmahnungen bei Verstößen gegen das Urheberrecht dürfen nicht unseriös, insbesondere mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgen. Die Abmahngebühren sollten angemessen begrenzt werden. Die derzeitige Praxis überhöhter Abmahnungen führt dazu, dass viele Nutzer das Verständnis für das Urheberrecht verlieren.
Auslaufmodell urheberrechtliche Pauschalabgaben
Das System von Pauschalabgaben auf Geräte und Speichermedien führt zu Rechtsunsicherheit und ist für Verbraucher völlig intransparent. Die Pauschalabgaben stammen aus den 1960er-Jahren und sollten einen Ausgleich für das legale Kopieren von Inhalten mit Kopierern oder Kassettenrekordern schaffen. Heute sind Computer, Handys, Drucker, MP3-Player, Smartphones etc. sowie Speichermedien betroffen. Dieses System ist in der Praxis nicht mehr handhabbar. Für jedes Gerät müssen separate Tarife aufgestellt, Verhandlungen geführt und Nutzerstudien durchgeführt werden. Die Verwertungsgesellschaften veröffentlichen Tarife teilweise rückwirkend und nicht auf Basis nachvollziehbarer Kriterien. Derzeit sind etwa 50 Tarife strittig. Ursprünglich sollten Hersteller und Händler die Gebühren auf den Preis aufschlagen und so an die Verbraucher weitergeben. Werden Tarife von den Verwertungsgesellschaften rückwirkend erhoben, ist dies nicht mehr möglich. Im Ausland gibt es überwiegend geringere oder keine Abgaben, was zu starken Wettbewerbsverzerrungen führt. Die Abgaben sind auch deshalb überholt, weil Nutzer zunehmend Inhalte im Internet direkt erwerben und Medien mehr und mehr über Streaming-Dienste angeboten werden. Die Geräte werden dann lediglich als Abspielgerät genutzt und nicht als dauerhaftes Speichermedium.
Reform der Verwertungsgesellschaften
Die Verwertungsgesellschaften als Vertreter der Rechteinhaber müssen sich den Gegebenheiten der Digitalen Welt anpassen, indem sie transparenter und effizienter werden. Eine missbräuchliche Ausnutzung ihrer Monopolstellung muss durch effektive staatliche Aufsicht verhindert werden. Im europäischen Kontext darf die freie Wahl der Urheber für eine Verwertungsgesellschaft nicht dazu führen, dass die Rechtsunsicherheit für Anbieter von Musik weiter verschärft wird.
Verbesserung der Aufklärung
Die praktische Bedeutung des Urheberrechts ist in der Digitalen Welt enorm gestiegen. Die Nutzer sollten wissen, was sie abspielen, kopieren und weitergeben dürfen und was nicht. Daher gehören die Grundzüge des Urheberrechts heute zur Medienkompetenz und sollten in Schulen und Jugendeinrichtungen thematisiert werden.
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