Aktuelles, Experten - geschrieben von am Samstag, Mai 11, 2024 11:26 - noch keine Kommentare

Biometrische Überwachung: DAV kritisiert geplante Gesichtserkennung

DAV-Kommentar zum intransparenten Einsatz von Observationstechnik

[datensicherheit.de, 11.05.2024] Nach Sachsen sollen nun auch in Berlin Observationssysteme mit Gesichtserkennung eingesetzt werden – „diese mobil sowie stationär einsetzbaren Geräte können Kennzeichen und Gesichter aufnehmen und werden durch die Behörden mit Informationen aus anderen Datenbanken abgeglichen“, meldet der Deutsche Anwaltverein (DAV) in seiner aktuellen Stellungnahme und kritisiert die „Intransparenz beim Einsatz der Technik“ – und warnt vor biometrischer Überwachung.

DAV sieht Recht auf Informationelle Selbstbestimmung berührt

„Über die konkrete Verwendung der Observationstechnik schweigen sich die Behörden in Sachsen und Berlin aus – das ist bedenklich, denn wir reden hier über ein System, das in das Recht auf Informationelle Selbstbestimmung zahlreicher Personen eingreift“, kommentiert Rechtsanwalt Dr. Saleh R. Ihwas, Mitglied des DAV-Ausschusses „Gefahrenabwehrrecht“. Ein derartiges Kamerasystem erfasse nicht nur gesuchte Personen, sondern alle, die es passieren. Die Staatsanwaltschaft Berlin sehe darin dennoch „keine flächendeckende Überwachung“.

„Gerade unter diesem Gesichtspunkt muss transparent damit umgegangen werden, wie die Technik eingesetzt und welche Person wie betroffen wird“, fordert Ihwas. Denn bereits im Jahr 2018 habe das Bundesverfassungsgericht in der zweiten Entscheidung zur automatisierten Kennzeichenkontrolle festgestellt, dass ein Eingriff in das Recht auf Informationelle Selbstbestimmung auch dann vorliege, wenn das Ergebnis des behördlichen Abgleichs zu einem „Nichttreffer“ führe. Bei den mit der hiesigen Observationstechnik ebenfalls aufgenommenen Personen handele es sich um solche „Nichttreffer“. Diese betroffenen Personen könnten zudem mangels Identifikation auch nicht über die Verarbeitung informiert werden. Darüber hinaus führe die sächsische Polizei keine Statistik zu Häufigkeit und Erfolg der Technik, so dass deren tatsächlicher Nutzen offensichtlich nicht einmal überprüft werde.

Intransparenz bei rechtsstaatlich derart heiklem Thema laut DAV nicht hinnehmbar

Generell sei die Intransparenz bei einem rechtsstaatlich derart heiklen Thema nicht hinnehmbar, so Ihwas: „Die Verfassungsmäßigkeit solcher Maßnahmen ist zu bezweifeln. Das Bundesverfassungsgericht hat nicht umsonst hohe Hürden für staatliche Maßnahmen gesetzt, die eine Vielzahl von unbeteiligten Personen betreffen.“

Ihwas unterstreicht abschließend: „Zudem sorgen solche Maßnahmen bei betroffenen Personen in der Regel für ein ungutes Gefühl des Überwachtwerdens.“ Nicht zuletzt deshalb habe der DAV schon in der Vergangenheit stets vor Vorstößen zu Gesichtserkennung und biometrischer Überwachung gewarnt.

Weitere Informationen zum Thema:

datensicherheit.de, 25.07.2022
Verbot automatisierter Gesichtserkennung: Letzte Chance für eine Unterschrift / Digitalcourage erinnert an #ReclaimYourFace-Kampagne, um Verbot automatisierter Gesichtserkennung durchzusetzen

datensicherheit.de, 28.05.2020
Polizei Hamburg: Datenbank zum Gesichtsabgleich gelöscht / Anlässlich der Ermittlungen zu „G20“-Ausschreitungen mit Hilfe von Gesichtserkennung erstellte biometrische Datenbank war heftig umstritten

datensicherheit.de, 01.09.2018
HmbBfDI kritisiert automatisierte Gesichtserkennung der Hamburger Polizei / Löschung der ohne Rechtsgrundlage erhobenen biometrischen Daten gefordert



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