Aktuelles, Experten - geschrieben von dp am Mittwoch, März 24, 2021 19:47 - noch keine Kommentare
Bestandsdaten: Auskunft nur mit den Vorgaben aus Karlsruhe
Deutscher Anwaltverein fordert, dass Auskunft über Bestandsdaten an Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden endlich stimmig geregelt wird
[datensicherheit.de, 24.03.2021] Laut einer aktuellen Meldung des Deutschen Anwaltvereins (DAV) behandelt der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat das Gesetz zur Bestandsdatenauskunft am 24. März 2021. Die vom Bundestag Ende Januar 2021 beschlossene Neuregelung habe im Bundesrat die erforderliche Mehrheit verfehlt. Der DAV warnt nach eigenen Angaben davor, „dass der Gesetzesentwurf hinter den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zurückbleibt“. Der Gesetzgeber sollte kein Gesetz beschließen, von dem von Anfang an klar sei, „dass es in Karlsruhe korrigiert werden wird“.
Bestandsdaten umfassen auch Nutzernamen und -adresse, IP-Adressen und Passwörter
Zu den sogenannten Bestandsdaten gehörten etwa Nutzername und -adresse, die IP-Adresse eines Computers, aber auch Passwörter. Die manuelle Bestandsdatenauskunft ermögliche Sicherheitsbehörden, diese Daten von Telekommunikationsunternehmen abzufragen. „Dies war bisher allgemein zur Gefahrenabwehr, zur Strafverfolgung und für nachrichtendienstliche Zwecke erlaubt.“
Im Mai 2020 habe das BVerfG diese Regelungen für verfassungswidrig erklärt und eine Reform bis Ende 2021 verlangt. Rechtsanwalt Dr. David Albrecht, Mitglied des DAV-Ausschusses „Gefahrenabwehrrecht“, übt Kritik: „Das Ziel, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nach dem sogenannten Doppeltür-Modell umzusetzen, erreicht das vom Bundestag beschlossene Gesetz leider nicht vollständig.“
Übermittlung und Abruf der Bestandsdaten nur auf Basis verhältnismäßiger Rechtsgrundlagen
Mit dem Bild der sogenannten Doppeltür fordere das BVerfG sowohl für die Übermittlung der Bestandsdaten durch die Telekommunikationsanbieter als auch für den Abruf dieser Daten durch die Behörden jeweils verhältnismäßige Rechtsgrundlagen. Des Weiteren machten die Karlsruher Richter es zur Bedingung, „dass eine konkrete Gefahr beziehungsweise ein Anfangsverdacht vorliegt, damit die Daten abgefragt werden können“.
Der DAV fordert „eine gesetzliche Lösung, die die Vorgaben des BVerfG umsetzt“. Es sei dringend notwendig, dass der vorliegende Gesetzentwurf nachgebessert werde. Der Vermittlungsausschuss dürfe sich nicht mit einem Kompromiss zufriedengeben, „der hinter der Vorgabe aus Karlsruhe zurückbleibt“.
Telemedien-Bestandsdaten haben in aller Regel viel höheren Persönlichkeitsbezug
Außerdem müsse geklärt werden, ob die Regelungen des BVerfG zur Telekommunikation überhaupt auf Telemedien übertragen werden könnten. Der Beschluss des BVerfG beziehe sich ausdrücklich nur auf Telekommunikation, nicht auf Telemedien, zu denen etwa Websites und Apps gehörten. „Bestandsdaten aus der Nutzung von Telemedien haben in aller Regel einen viel höheren Persönlichkeitsbezug als die der Telekommunikation. Es ist deshalb durchaus fraglich, ob die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Mindestvoraussetzungen überhaupt 1:1 auf Telemedien übertragen werden dürfen“, gibt Dr. Albrecht zu bedenken. Insgesamt fehle es weiterhin an einem stimmigen Gesamtkonzept zur Datenauskunft an Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden.
Diese „Hängepartie“ bremse auch andere Vorhaben aus: Auch der „Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Hasskriminalität und des Rechtsextremismus“ enthalte eine Regelung zur Bestandsdatenauskunft. Der BVerfG-Beschluss sei während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens ergangen – und der Bundespräsident habe seine Unterzeichnung verwehrt. Das Gesetz zur Bestandsdatenauskunft solle auch dieses Problem lösen.
Weitere Informationen zum Thema:
datensicherheit.de, 13.01.2021
Bestandsdatenauskunft: Warnung vor Internet-Surfspionage / MdEP Dr. Patrick Breyer kritisiert Gesetzentwurf zur Offenlegung von Bestandsdaten
datensicherheit.de, 17.07.2020
BfDI begrüßt Beschluss zur Bestandsdatenauskunft / Jürgen H. Müller, Stellvertreter des BfDI betont: Der Gesetzgeber muss bei Neuregelung des Telekommunikationsgesetzes das Recht der Bürger auf informationelle Selbstbestimmung stärker achten
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