Aktuelles, Experten - geschrieben von am Samstag, Dezember 7, 2019 14:08 - noch keine Kommentare

Aufenthaltsort und Internetkennungen tagelang auf Vorrat gespeichert

Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung kritisiert Verhalten der Internet- und Telefonanbieter

[datensicherheit.de, 07.12.2019] Obwohl Gerichte die umstrittene verdachtslose Vorratsdatenspeicherung ausgesetzt haben, sammeln nach Angaben des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung deutsche Telekommunikationsanbieter „trotzdem von jedem Kunden Informationen über ihre Kontakte und Bewegungen, die nicht zur Abrechnung nötig sind“. Dies ergibt sich demnach aus einer jetzt, aufgrund der Nachfrage des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, veröffentlichten Erhebung der Bundesnetzagentur. Die Daten würden auf Anforderung an Strafverfolger und Abmahnkanzleien weitergegeben.

Warnung vor Konsequenzen der „freiwilligen Vorratsdatenspeicherung“

Konkret werde der Aufenthaltsort von Mobilfunknutzern (Funkzelle) zu Beginn einer Verbindung, die weltweit einmalige Kennung mobiler Endgeräte (IMEI) und die Internetkennung (IP-Adresse) eine Woche lang gespeichert, ohne dass dies zur Abrechnung nötig sei.
Die im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zusammengeschlossenen Bürgerrechtler, Datenschützer und Internetnutzer warnen nach eigenen Angaben vor den Konsequenzen dieser „freiwilligen Vorratsdatenspeicherung“.

Massenhafte Funkzellenabfragen und Abmahnungen ermöglicht

„Dass Mobilfunkanbieter bei jeder Verbindung den Aufenthaltsort festhalten, ermöglicht Behörden massenhafte Funkzellenabfragen und kann Unschuldige in Verdacht bringen, beispielsweise nach der Teilnahme an einer Demonstration“, erläutert Uli Breuer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.
„Zu jeder Internetnutzung die IP-Adresse zu speichern, ermöglicht Abmahnanwälten, Verbraucher tausendfach wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen im Internet abzukassieren, die sie oft nicht begangen haben.“

Verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsspeicherung für die Gesellschaft höchst schädlich

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung verlangt von den Unternehmen, ihre „freiwillige Vorratsdatenspeicherung“ zu stoppen und die Zahl der Auskünfte über ihre Kunden zu veröffentlichen. Zudem warnt er davor, die geplante ePrivacy-Verordnung der EU drohe die „freiwillige Vorratsdatenspeicherung“ durch Telekommunikationsanbieter massiv auszuweiten, und verlangt ein klares Verbot allgemeiner und unterschiedsloser Vorratsdatenspeicherungen.
Aus Sicht der im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zusammengeschlossenen Datenschützer, Bürgerrechtler und Internetnutzer ist eine verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten für viele Bereiche der Gesellschaft höchst schädlich: Sie beeinträchtige vertrauliche Kommunikation in Bereichen, in denen Menschen auf Vertraulichkeit angewiesen sind (z.B. Kontakte zu Psychotherapeuten, Ärzten, Rechtsanwälten, Betriebsräten, Eheberatern, Kinderwunschzentren, Drogenmissbrauchsberatern und sonstigen Beratungsstellen) und gefährde damit die körperliche und psychische Gesundheit von Menschen, die Hilfe benötigen, aber auch der Menschen aus ihrem Umfeld.

Pressefreiheit und damit elementare Funktionsbedingungen einer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft beeinträchtig

Wenn Journalisten Informationen elektronisch nur noch über rückverfolgbare Kanäle entgegen nehmen könnten, gefährde dies die Pressefreiheit und beeinträchtige damit elementare Funktionsbedingungen einer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft.
Die verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung schaffe Risiken des Missbrauchs und des Verlusts vertraulicher Informationen über unsere persönlichen Kontakte, Bewegungen und Interessen“. Telekommunikationsdaten seien außerdem besonders anfällig dafür, von Geheimdiensten ausgespäht zu werden und Unschuldige ungerechtfertigt strafrechtlichen Ermittlungen auszusetzen.

Weitere Informationen:

FragDenStaat, 18.09.2019
Speicherung von Verkehrsdaten durch TK-Anbieter / AW: Speicherung von Verkehrsdaten durch TK-Anbieter [#34043]

Stoppt die Vorratsdatenspeicherung!, 30.11.2018
Zivilgesellschaft zu ePrivacy: Keine Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür!

datensicherheit.de, 25.09.2019
EuGH gefragt: Grundsatzentscheidung zur Vorratsdatenspeicherung

datensicherheit.de, 09.09.2019
Erneut vor dem EuGH: Vorratsdatenspeicherung



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