Aktuelles, Experten - geschrieben von dp am Freitag, Juni 29, 2018 6:46 - noch keine Kommentare
2% der MEPs könnten das Internet zerstören
Harsche Kritik an der neuen europäischen Urheberrechtsrichtlinie und Warnung vor deren verheerenden Folgen
[datensicherheit.de, 29.06.2018] Nach monatelangen Verzögerungen stimmte der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments am 20. Juni 2018 für eine Urheberrechtsrichtlinie, die das Internet, wie wir es bislang kennen, zu zensieren droht. Eine kleine Minderheit der Abgeordneten (MEPs) hat diese Entscheidung vorgeblich im Namen aller europäischen Bürger getroffen: 14 MEPs haben beschlossen, die Bedenken von Start-ups, kleinen Verlagen, Akademikern, Bibliotheken, kleinen Unternehmen und sogar der UNO zu ignorieren und für eines der gefährlichsten Gesetze für die Zukunft des Internets und der Meinungsfreiheit in der Europäischen Union (EU) zu stimmen.
Schutz von Konzerninteressen geht wohl vor Meinungsfreiheit
Diese 14 Abgeordneten haben nämlich entschieden, dass die Interessen der größten Presseverleger und Schwergewichte der Musikindustrie wichtiger sind als die Meinungsfreiheit der europäischen Bürger:
Die neuen Regeln, welche Internet-Meme verbieten, das Teilen von Nachrichten verhindern und Technologieunternehmen dazu zwingen könnten, jeden Nutzer-Upload zu scannen und zu filtern, wurden von weniger als zwei Prozent der Mitglieder des Europäischen Parlaments gebilligt, erhalten aber automatisch die Zustimmung des gesamten Europäischen Parlaments.
Bedrohung für unabhängige und kleine Medien
Die geltenden Vorschriften zum Urheberrecht in der digitalen Welt stammen aus dem Jahr 2001 und müssen aktualisiert werden, aber der Vorschlag, der von der Europäischen Kommission stammt und den das Parlament verabschiedet hat, ist nicht für das Digitale Zeitalter geeignet und unterstützt keinen intakten digitalen Binnenmarkt.
Die neue Richtlinie führt zwei umstrittene Vorschläge ein: ein benachbartes Recht (Artikel 11) für Presseverleger und automatisierte Online-Filterung (Artikel 13), die beide zu verheerenden Folgen für die Zukunft des Internets und der EU führen könnten.
Europa steht jetzt vor einer Zukunft, in der unabhängige und kleine Medien ausgelöscht werden und Zensur als regulatorisches Erfordernis eingeführt werden könnte, was die europäische Wirtschaft Jahrzehnte hinter Wettbewerbern wie den USA und China zurückfallen ließe.
Nur 14 von 751 Abgeordneten beschließen, das Internet unumkehrbar zu verändern
„Es ist erstaunlich, dass nur 14 von 751 Abgeordneten beschließen können, die Zukunft des Internets unumkehrbar zu verändern. Die Zensur von Online-Äußerungen ist viel zu schwerwiegend, um von weniger als zwei Prozent des Europäischen Parlaments entschieden zu werden. Es ist eine sehr besorgniserregende Entwicklung, dass eine Politik, die große Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit haben wird, von einer so geringen Anzahl von Menschen ohne Aufsicht oder Rückgriff vereinbart werden kann“, betont Siadi El Ramly, Generaldirektorin von EdiMA.
Neue Urheberrechtsrichtlinie bedroht das Internet
In einem offenen Brief an den Präsidenten des Europäischen Parlaments warnten Vint Cerf (Internet-Pionier), Tim Berners-Lee (Erfinder des World Wide Web) und Jimmy Wales (Mitbegründer der Wikimedia Foundation) zusammen mit mehr als 70 Internet-Koryphäen davor, dass der Artikel 13 der Urheberrechtsrichtlinie das Internet bedrohe.
Indem Internet-Plattformen die automatische Filterung aller von ihren Nutzern hochgeladenen Inhalte verlangten, unternehme Artikel 13 einen beispiellosen Schritt in Richtung der Transformation des Internets von einer offenen Plattform für gemeinsame Nutzung und Innovation in ein Instrument für die automatisierte Überwachung und Kontrolle seiner Benutzer.
Statt das Copyright zu stärken wird Zensur eingeführt
Die 14 Abgeordneten des Rechtsausschusses, die für die Urheberrechtsreform stimmten, taten dies, obwohl der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen sich für die Förderung und den Schutz des Rechts auf Meinungs- und Meinungsfreiheit stark einsetzte. Über die Reformen, die seitdem genehmigt wurden, sagt er warnend:
„Staaten und zwischenstaatliche Organisationen sollten davon absehen, Gesetze oder Vereinbarungen zu erlassen, die eine ,proaktive‘ Überwachung oder Filterung von Inhalten erfordern würden, was sowohl dem Recht auf Privatsphäre als auch der Zensur vor der Veröffentlichung widerspricht.“
Kurzvorstellung der EDiMA
EDiMA ist der europäische Handelsverband, der nach eigenen Angaben Online-Plattformen und andere innovative Unternehmen vertritt: Eine Allianz von neuen Medien und Internet-Unternehmen, deren Mitglieder Airbnb, Allegro, Amazon EU, Apple, eBay, Expedia, Facebook, Google, King, Microsoft, Mozilla, Oath, OLX, Snap Inc., TripAdvisor, Twitter, Veon Digital und Yelp sind.
Die EDiMA-Mitglieder bieten demnach Internet- und neue Medienplattformen, welche den europäischen Verbrauchern eine breite Palette von Online-Diensten zur Verfügung stellen, darunter E-Content, Medien, E-Commerce, Kommunikation und Informations-/Suchdienste.
Weitere Informationen zum Thema:
datensicherheit.de, 24.06.2018
Bitkom-Kritik an Entwurf zur neuen EU-Urheberrechtsrichtlinie
EDiMA
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Open letter of 70+ Internet luminaries
Article 13 of the EU Copyright Directive Threatens the Internet
Opinion of the United Nation’s Special Rapporteur on the promotion and protection of the right to freedom of opinion and expression
Mandate of the Special Rapporteur on the promotion and protection of the right to freedom of opinion and expression
News European parliament, 20.06.2018
Copyright: MEPs update rules for the digital age
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