Aktuelles, Experten - geschrieben von dp am Dienstag, Juni 25, 2024 16:06 - noch keine Kommentare
Kennzeichnungspflicht digital bearbeiteten Bildmaterials kommt voran
Deutschlands Plastische und Ästhetische Chirurgen melden Teilerfolg mit Petition zur Kennzeichnungspflicht
[datensicherheit.de, 25.06.2024] Laut einer aktuellen Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGAEPC) gibt es in Norwegen seit Juli 2022 die Kennzeichnungspflicht für digital bearbeitetes Bildmaterial – in Frankreich bereits seit 2017 (Erweiterung 2023) und in Israel sogar seit 2013. „Endlich gibt es in Deutschland nun einen ersten Vorstoß des Bundestags zum Schutz junger Menschen.“ Dank einer gemeinsam eingereichten Petition der drei großen Fachgesellschaften für Plastische und Ästhetische Chirurgie in Deutschland – DGPRÄC, VDPÄC und DGÄPC – und regem Austausch mit dem Petitionsausschuss, sei dieses Anliegen nun im Deutschen Bundestag beraten worden – mit dem Beschluss, diese Petition den Bundesministerien für Justiz und für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu überweisen. „Je früher wir die Menschen für gefilterte und bearbeitete Bilder sensibilisieren und so vor unerreichbaren Schönheitsidealen schützen, desto geringer werden die Spätschäden ausfallen.“
So oder so ähnlich könnte laut DGÄPC ein Kennzeichnungslogo in Deutschland aussehen
Gesetzliche Regelung für Kennzeichnungspflicht von digital bearbeitetem und KI-generiertem Bild- und Videomaterial gefordert
Seit geraumer Zeit setzten sich die drei o.g. Fachgesellschaften gemeinsam verstärkt dafür ein, „dass vor allem die junge, noch leicht zu beeinflussende Zielgruppe im Umgang mit Sozialen Medien geschützt wird“. Dies geschehe, da gerade in den Praxen und Kliniken der Fachärzte für Plastische und Ästhetische Chirurgie auffällig viele junge Patienten mit realitätsfremden Wünschen vorstellig würden.
Anfang 2024 sei nun eine Petition eingereicht worden, welche eine „gesetzliche Regelung für eine Kennzeichnungspflicht für digital bearbeitetes und KI-generiertes Bild- und Videomaterial in den Sozialen Medien sowie der Werbung in Deutschland“ fordere. Da diese durch eine Petition aus dem Jahr 2021 blockiert worden sei, habe erst jetzt über beide Petitionen im Bundestag beraten werden können. Mit einem Offenen Brief an die zuständigen Ministerien (s.u.) hätten die Fachgesellschaften das Thema weiter verdeutlicht und zum Dialog eingeladen.
Kennzeichnung, um für unrealistische und uniforme Schönheitsideale zu sensibilisieren
„Nachdem trotz verstärkter medialer Präsenz und steigender Sensibilität für dieses Thema politisch lange Zeit das große Schweigen herrschte, begrüßen wir den Beschluss des Bundestags“, kommentiert Prof. Dr. Henrik Menke, „Past-Präsident“ der Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie (DGPRÄC). Denn Tatsache sei: Viele – vor allem junge – Menschen nutzten täglich mehrfach einen oder auch mehrere Social-Media-Accounts und würden dort mit unrealistischen und uniformen Schönheitsidealen konfrontiert. Die Auswirkungen hiervon seien in mehreren Studien belegt worden.
„Gerade bei jungen Menschen nimmt die Zahl der Beauty-Eingriffe rapide zu, weil ein noch nicht so gefestigtes Selbstbild auf mehrstündigen Social-Media-Konsum pro Tag trifft. Je früher wir die Menschen für gefilterte und bearbeitete Bilder sensibilisieren und so vor unerreichbaren Schönheitsidealen schützen, desto geringer werden die Spätschäden ausfallen“, betont Prof. Ada Borkenhagen, die sich nach eigenen Angaben als „Professorin für Gendersensitive Medizin und Psychotherapie“ intensiv mit diesem Thema beschäftige und diese Petition sowie das Vorgehen unterstütze.
Zunahme der Fälle von Selbstwahrnehmungsstörungen als Auslöser für Forderung der Kennzeichnung
Die neuesten Zahlen der DGÄPC-Statistik zeigten über die letzten drei Jahre sehr deutlich, dass die Beeinflussung der Sozialen Medien auf das Selbstbild eklatant sei: „Wir sehen es auch bei uns in den Praxen und Kliniken. Die Fälle von Selbstwahrnehmungsstörungen (Dysmorphophobie) nehmen weiter zu – mit teils sehr grotesken Wünschen und Vorstellungen auf Patientenseite“, berichtet Dr. Alexander P. Hilpert, „Past-Präsident“ der DGÄPC. Dabei könne eine Kennzeichnungspflicht bei der täglichen Auseinandersetzung mit idealisierten und unrealistischen Körperbildern und Gesichtern helfen, das Selbstwertgefühl zu schützen und auch psychischen Erkrankungen wie der Dysmorphophobie vorbeugen.
„Um weiter auf die Wichtigkeit einer Kennzeichnungspflicht aufmerksam zu machen und diese voranzutreiben, freuen wir uns über jeden, der unser Anliegen auch weiterhin unterstützt.“ Denn auch das, so der Facharzt für „Plastische und Ästhetische Chirurgie“, zeigten die neuesten Zahlen: Mehr als die Hälfte der befragten Patienten unter 30 Jahren spreche sich für eine Kennzeichnungspflicht bearbeiteter Bilder aus.
Wichtiger Schritt in die richtige Richtung zur Kennzeichnungspflicht
Mit dem vorliegenden Beschluss des Bundestags, sich weiter mit einer gesetzlichen Regelung für eine Kennzeichnungspflicht von digital bearbeitetem Bildmaterial zu beschäftigen, sei der erste wichtige Schritt in die richtige Richtung zwar getan – „dennoch mahlen die politischen Mühlen langsam“.
Prof. Dr. Detlev Hebebrand, Präsident der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC) zeigt sich indes weiterhin motiviert und führt abschließend aus: „Wir müssen hier jetzt alle am Ball bleiben und uns weiter für das Thema stark machen, um den Druck auf die Politik zu erhöhen. Auch wenn wir als Fachärzte und -ärztinnen für Plastische und Ästhetische Chirurgie vermeintlich unseren Unterhalt damit verdienen, Menschen zu mehr Selbstwertgefühl zu verhelfen, so gibt es ganz klare ethische Grenzen. Wir sehen uns in der Pflicht, diese leicht zu beeinflussenden Patienten zu schützen.“
Weitere Informationen zum Thema:
DGÄPC Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie, 25.06.2024
Offener Brief bzgl. Kennzeichnungspflicht
DGÄPC Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie, 09.01.2024
Mit der Petition wird gefordert, in Deutschland eine Kennzeichnungspflicht für digital bearbeitetes und KI-generiertes Bildmaterial – ähnlich wie in Norwegen, Israel und Frankreich – gesetzlich zu regeln
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