Aktuelles, Experten - geschrieben von dp am Dienstag, August 4, 2020 20:26 - noch keine Kommentare
Corona: HmbBfDI fordert, Kontaktdaten vertraulich zu behandeln
HmbBfDI Prof. Dr. Johannes Caspar sieht Bundesgesetzgeber in der Pflicht
[datensicherheit.de, 04.08.2020] Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) kritisiert in seiner aktuellen Stellungnahme, dass ganz offensichtlich Kontaktdaten, die zum Zweck der behördlichen Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten erhoben werden sollen, zusehends durch die Polizei zum Zweck der Verfolgung von Straftaten verwendet würden.
HmbBfDI Prof. Dr. Johannes Caspar: Warnung vor negativen Folgen für eigentlichen Zweck der Datenerhebung
HmbBfDI: Jeder konkrete Fall bedarf einer Einzelabwägung
Die Möglichkeit, dass Strafverfolgungsbehörden diese Daten zu eigenen Zwecken nutzen, werde durch die Strafprozessordnung und das Bundesdatenschutzgesetz weitgehend unbeschränkt zugelassen. Zwar müsse eine entsprechende Datenverarbeitung, soweit sie zur Ermittlung oder Ahndung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten erfolgt, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen – dies sei jedoch stets eine Frage des konkreten Falles und bedürfe insoweit einer Einzelabwägung, „die einen Einschätzungs-Spielraum eröffnet und auch häufig vom Vorverständnis des Rechtsanwenders getragen ist“.
HmbBfDI befürchtet Vertrauensverlust bei Betroffenen
Das führe dazu, dass die eigentlich zu Infektionszwecken erhobenen Daten, die vor dem Besuch von insbesondere Gaststätten, Beherbergungsbetrieben, Freizeiteinrichtungen oder von Veranstaltungen und Konzerten von den Betroffenen anzugeben sind, bei Bedarf in vielen Fällen im Rahmen von polizeilichen Ermittlungen genutzt würden. Das Vertrauen der Betroffenen, ihre Daten würden zur Infektionsbekämpfung und nicht zu anderweitigen Zwecken genutzt, werde so deutlich in Frage gestellt.
Laut HmbBfDI regelmäßige Kontrolle der Fälle unmöglich
Eine Kontrolle der Fälle, in denen die massenhaft auf Vorrat anfallenden Daten als willkommene Hilfe für die Aufgabenerfüllung der Strafverfolgungsbehörden genutzt werden, sei durch die örtlichen Datenschutzbehörden regelmäßig nicht möglich, da es oft schon an der Kenntnis über die Fälle der Zweckänderung fehle.
HmbBfDI fordert Bundesgesetzgeber zum Handeln auf
„Eine Lösung dieser unbefriedigenden und rechtlich unsicheren Situation liegt in der Hand des Bundesgesetzgebers. Er allein kann den Zugriff der Strafverfolgungsbehörden, der durch Bundesgesetz geregelt ist, begrenzen“, betont der HmbBfDI, Prof. Dr. Johannes Caspar. Der Rechtsstaat werde keinen Schaden erleiden, „wenn nicht bei jedem Bagatelldelikt der Zugriff der Strafverfolgungsbehörden auf die erfassten Daten von Kunden, Gästen oder anderweitigen Besuchern eröffnet ist“.
HmbBfDI betont Bedeutung der Akzeptanz der Datenerfassung und der Ehrlichkeit der Bürger
Hierbei sollte ein legislatives Maßhalten dem Grundsatz nach gelten und überlegt werden, einen Zugriff auf Fälle von Straftaten mit zumindest erheblicher Bedeutung zu beschränken. Anderenfalls würden die Akzeptanz der Datenerfassung und die Ehrlichkeit bei der Angabe des Namens durch Bürger untergraben. „Negative Folgen für den eigentlichen Zweck der Datenerhebung, die Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten, sind programmiert“, warnt Professor Caspar.
Weitere Informationen zum Thema:
datensicherheit.de, 22.07.2020
Corona-Gästelisten: Kritik an Polizei-Zugriff / Prof. Dr. Dieter Kugelmann fordert „hohe Hürde“ zur Herausgabe der Kontaktdaten an die Polizei
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