Aktuelles, Branche - geschrieben von dp am Samstag, August 1, 2020 11:19 - noch keine Kommentare
Staatstrojaner: Neue Anlauf zur Überwachung
Überwachung von Internet- und Mobilfunkanbietern sowie kommerziellen WLAN-Betreibern soll ausgeweitet werden
[datensicherheit.de, 01.08.2020] Die PSW GROUP kritisiert in einer aktuellen Stellungnahme, dass Verschlüsselung Strafverfolgungs- und anderen Behörden offensichtlich ein „Dorn im Auge“ ist und verweist auf den Umstand, dass US-Senatoren nun einen Gesetzentwurf gegen Verschlüsselung vorgelegt hätten. Aber auch hierzulande sollen demnach Behörden mit dem sogenannten Staatstrojaner erweiterte Befugnisse erhalten: Deutschen Geheimdiensten solle es künftig möglich sein, Internet- sowie Mobilfunkanbieter und kommerzielle WLAN-Betreiber verpflichten zu können, Überwachungssoftware direkt auf den Geräten von verdächtigen Personen zu installieren.
Patrycja Tulinska: Realität der Überwachung in Deutschland nähert sich jener in den USA an…
Überwachung in den USA: Aus der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung droht
„Der neue US-Gesetzesentwurf zum ,Zugriff von Strafverfolgern auf verschlüsselte Daten‘ käme einem Aus der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gleich. Die Gesetzesvorlage würde die ,warrant-proof‘-Verschlüsselung in Geräten, Plattformen und Systemen beenden. So sollen verschlüsselte Inhalte, beispielsweise von Chats oder auch Datensicherungen, der breiten Öffentlichkeit nur dann zur Verfügung stehen, wenn der jeweilige Provider einen Nachschlüssel besitzt“, warnt Patrycja Tulinska.
Backdoor-Mandat zur Überwachung ante portas
Die Geschäftsführerin der PSW GROUP erläutert: „Unter ,warrant-proof‘ versteht man eine starke Verschlüsselung. Ausschließlich der Gerätebesitzer kann mithilfe seines privaten Schlüssels die Daten entsperren. Würde das Gesetz verabschiedet werden, entstünde ein ,Backdoor-Mandat‘, das Hard- und Software-Hersteller zum Einbauen einer Hintertür zwingt.“ Strafverfolger könnten so auf sämtliche Inhalte zugreifen – aber eben auch Cyber-Kriminelle dieselben Hintertüren für ihre Attacken ausnutzen.
In Deutschland womöglich Software zur Überwachung über Downloads von Apps, Besuche von Websites oder Updates
Allerdings suchten nicht nur die USA nach Mitteln und Wegen, Überwachungsmöglichkeiten möglichst breit zu fächern. Auch in Deutschland gebe es entsprechende Pläne: „Deutsche Geheimdienste sollen die Befugnis erhalten, Geräte mit ,Staatstrojanern‘ zu hacken, um so die Kommunikation abhören zu können. Die Überwachungsprogramme können beispielsweise über Downloads von Apps, Besuche von Websites oder Updates auf den Zielgeräten installiert werden.“
Gesetz zur Anpassung des Verfassungsschutzrechts soll Überwachung ermöglichen
Diskutiert werde der Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Verfassungsschutzrechts. Das Innenministerium arbeite bereits seit 2019 an diesem Gesetzentwurf, nach dem der Verfassungsschutz einen „Staatstrojaner“ erhalten solle. Am 15. Juli 2020 habe die Bundesregierung den Gesetzentwurf in der Kabinettsitzung beschlossen. Damit steht laut Tulinska fest: „Das Verfassungsschutzrecht zur Bekämpfung von Rechtsterrorismus und Extremismus soll geändert werden. Nun muss der Bundestag den Gesetzentwurf weiter diskutieren.“
Ferner sechs Gesetze sowie eine Verordnung zur Überwachung vor Umgestaltung
„Mit dem Gesetzentwurf wird nicht nur an einem Gesetz für den Bundesverfassungsschutz gearbeitet, sondern sechs Gesetze sowie eine Verordnung umgestaltet. Das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses erlaubt den 16 Inlandsgeheimdiensten der Bundesländer, dem Auslandsgeheimdienst BND und dem Militärgeheimdienst MAD den ,Staatstrojaner‘ einzusetzen“, führt Tulinska aus.
Installation von Hardware bei Providern zur Einschleusung von Software zur Überwachung
Das bedeute im Klartext: Deutsche Geheimdienste bekämen die Befugnis, Geräte von Verdächtigen mit der staatlichen Spionagesoftware zu hacken und die Kommunikation abzuhören. Tulinskas Kritik: „Damit ist die Realität hierzulande nicht sehr weit von den US-Plänen entfernt. In Deutschland lassen die Geheimdienste lediglich Hardware bei den Telekommunikationsanbietern installieren, um so die Überwachungssoftware in den Datenverkehr einzuschleusen.“
Weitere Informationen zum Thema:
PSW GROUP, Bianca Wellbrock, 14.07.2020
Staatstrojaner und Crypto Wars: Behörden versus Verschlüsselung
datensicherheit.de, 07.08.2018
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