Aktuelles, Experten - geschrieben von dp am Samstag, September 7, 2019 16:45 - noch keine Kommentare
facebook-Dating – aus Datenschutzsicht bedenklich
Neuer Dienst soll in Europa 2020 zur Verfügung stehen
[datensicherheit.de, 07.09.2019] Die Landesbeauftragte für Datenschutz Schleswig-Holstein im Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) geht auf die Ankündigung des Sozialen Netzwerks facebook ein, einen eigenen Dating-Dienst einzuführen. Der Start in Europa sei für das Jahr 2020 geplant, während er in den USA schon jetzt nutzbar sei. Datenschützerin Marit Hansen sieht dieses neue Angebot nach eigenen Angaben als „kritisch“ an.
Psychologische Profile für Werbung oder Partnervermittlung
Hansen: „Jede Partnervermittlung basiert auf personenbezogenen Daten. Als Daumenregel gilt: Personen passen gut zueinander, wenn sie gemeinsame Interessen haben und psychologisch auf einer Wellenlänge sind. Viele facebook-Nutzer tragen ihre Interessen ein, außerdem führt facebook detaillierte Analysen durch, um passgenaue Werbung zu ermöglichen.“
Für den facebook-Mechanismus sei es egal, ob Produkte an die passenden Kunden vermittelt oder Partner zusammengebracht werden sollen: „Hilfreich für beides sind psychologische Profile.“
Verfahren der Künstlichen Intelligenz, um Gemütszustände zu erkennen
Die Landesbeauftragte für Datenschutz Schleswig-Holstein kommentiert: Für facebook sei die Analyse von psychologischen Eigenschaften und anderen sensiblen Informationen kein Neuland: In 2017 sei bekanntgeworden, dass ein australischer Forscher bei facebook Algorithmen entwickelt habe, um festzustellen, ob sich die jugendlichen Nutzer ängstlich, nervös, gestresst, dumm, unsicher, wertlos oder als Versager fühlten.
Vor einem Jahr habe facebook gezielt „Gay-Cure“-Werbung an homosexuelle junge Leute ausgeliefert – „solche Werbung erklärt, wie sie vermeintlich von ihrer sexuellen Präferenz ,geheilt‘ werden können, und vermittelt den Eindruck, es sei mit einem etwas nicht in Ordnung“. Erst nach einem Hinweis der Medien seien diese manipulativen Werbungen gestoppt worden. Außerdem verwende facebook laut Medienberichten in einigen Ländern Verfahren der Künstlichen Intelligenz (KI), um Gemütszustände anhand von Postings oder Fotos – bis hin zu Depressionen oder Suizidgefahr – zu erkennen, berichtet Hansen.
„Secret-Crush“-Liste für tiefergehende Persönlichkeitsfragen
Nun gehe facebook noch einen Schritt weiter und frage die Dating-interessierten Nutzer selbst aus, um auf dieser Basis passende Partner zu vermitteln. In einer „Secret-Crush“-Liste könne man eintragen, für welche der Freunde man heimlich schwärmt. In den Nutzerfragen gehe es z.B. um Angaben zu dem, was man leidenschaftlich gern tut, wofür man dankbar ist, welches Ziel man noch nicht erreicht hat oder was man gar nicht kann.
„Das sind schon etwas tiefergehende Persönlichkeitsfragen, die es ermöglichen, eine Person mit ihren Facetten näher kennenzulernen – ebenso für interessierte Vermittlungskandidaten wie für Facebook selbst. Werden diese Informationen künftig die Basis für zielgerichtete Werbung sein? Es wäre leicht möglich, die selbst offenbarten oder vom Algorithmus entdeckten Unsicherheiten und Schwächen von Personen auszunutzen – dann wäre einer Manipulation der Menschen Tür und Tor geöffnet“, warnt Hansen.
facebook hat immer wieder große Sicherheits- und Datenschutzmängel
Der Dating-Dienst könn dazu führen, dass die Nutzenden facebook weitere Daten zur Verfügung stellten, z.B. Standortdaten, die für das Verkuppeln ausgewertet werden könnten, oder Inhalte des eigenen Instagram-Nutzerkontos, die sich dort integrieren ließen.
Hansen kritisiert diesen neuen Dienst: „Facebook hat schon jetzt eine Riesenmenge an Informationen über die Nutzer – einschließlich Interessen und psychologischer Einschätzungen. Mit der Dating-Funktion werden es noch deutlich mehr werden. Die Skandale der letzten Monate und Jahre um facebook haben aber deutlich gezeigt, dass die Plattform immer wieder große Sicherheits- und Datenschutzmängel hat“.
Daten zur Partnersuche nur datenschutzkonformen, vertrauenswürdigen Diensten anvertrauen!
Hansen erinnert: „Erst vor wenigen Tagen wurde die Entdeckung eines Datenbestands mit 419 Millionen Einträgen zu facebook-Nutzer-IDs und Telefonnummern bekannt, der frei im Internet verfügbar war. Wenn Nutzerdaten bei facebook nicht sicher sind, fehlt mir das Vertrauen, dass das Unternehmen die sensiblen Dating-Informationen gut genug schützen wird.“
Sonst tauchten bald die ersten Datenbestände mit „Secret-Crush“-Listen oder psychologischen Profilen zu facebook-Mitgliedern im Internet auf. Ihr Rat: „Daten zur Partnersuche nur datenschutzkonformen und vertrauenswürdigen Diensten ohne Sicherheitsprobleme anvertrauen – Finger weg vom facebook-Dating und anderen Anbietern ohne ausreichenden Schutz.“
Weitere Informationen zum Thema:
datensicherheit.de, 05.09.2019
facebook-Datenpanne: 419 Millionen Telefonnummern zugänglich
datensicherheit.de, 25.07.2019
facebook-Bußgeld mit Signalwirkung
datensicherheit.de, 06.06.2019
Messenger-Nachrichten missbraucht, um Facebook-Profile zu kapern
datensicherheit.de, 04.04.2019
Neuer Datenskandal bei facebook beängstigend
Aktuelles, Experten - Nov 22, 2024 18:30 - noch keine Kommentare
Mal wieder IP-Datenspeicherung angestrebt: DAV fordert nachdrücklich, Überwachungsphantasien abzustellen
weitere Beiträge in Experten
- ePA für alle: Daten für die Forschung und das Risiko trägt der Patient
- CRA endgültig in Kraft getreten: Digitale Produkte in der EU kommen auf den Prüfstand
- Datenleck bei Öko-Stromanbieter: 50.000 Datensätze deutscher Tibber-Kunden im Darknet
- HmbBfDI unternahm branchenweite Schwerpunktprüfung im Forderungsmanagement
- Repräsentative Studie von Civey und QBE: Über 24 Prozent deutscher Unternehmen kürzlich von Cyber-Attacke betroffen
Aktuelles, Branche - Nov 23, 2024 11:35 - noch keine Kommentare
Black Friday: 89 Prozent mehr ominöse Shopping-Websites als 2023
weitere Beiträge in Branche
- PyPI-Lieferkette im Visier: Kaspersky deckte Cyber-Angriff auf
- Im Kontext der CRA-Umsetzung droht Herstellern Open-Source-Falle
- Gelsemium-Hacker: ESET warnt vor neuen Linux-Backdoors
- Laut 2025 Identity Fraud Report alle fünf Minuten ein Deepfake-Angriff
- Unternehmen sollten NIS-2 ernst nehmen und schnell konforme Lösungen etablieren
Branche, Umfragen - Dez 21, 2020 21:46 - noch keine Kommentare
Threat Hunting: Bedeutung und Wertschätzung steigt
weitere Beiträge in Service
- Umfrage: 71 Prozent der IT-Entscheidungsträger besorgt über Mehrfachnutzung von Passwörtern
- Fast die Hälfte der Unternehmen ohne geeignete Sicherheitsrichtlinien für Remote-Arbeit
- Umfrage: Bedeutung der Konsolidierung von IT-Sicherheitslösungen
- TeleTrusT-Umfrage: „IT-Sicherheit im Home Office“
- Cybersicherheit: SANS-Studie zu Frauen in Führungspositionen
Kommentieren