Aktuelles, Experten - geschrieben von dp am Sonntag, Mai 26, 2019 18:50 - noch keine Kommentare
Arbeit im Spannungsfeld: Linienorganisation versus Agilität
Anmerkungen von Dipl.-Kfm. (FH) Michael Taube und Dipl.-Ing. Anke Thieme zum Projektmanagement im Zeitalter der Digitalen Transformation
[datensicherheit.de, 26.05.2019] Das Projektmanagement im Zeitalter der Digitalen Transformation erfolgt längst nicht mehr in der sogenannten Line, sondern über Linien hinweg. Diese Veränderung unserer Arbeitsmethoden hat eben auch dazu geführt, dass es heute in vielen Unternehmen gar keine Linienvorgesetzten mehr gibt. Vielmehr gibt es dafür Vorgesetzte auf Zeit – also z.B. Projektmanager. Im agilen Umfeld sei die Rolle der Führungskraft ganz aufgelöst, erläutern Dipl.-Kfm. (FH) Michael Taube und Dipl.-Ing. Anke Thieme von der Deutschen Projekt Akademie.
Sicherheitsherausforderung: Verantwortung des gesamten Teams für das Ergebnis
Agile Arbeitsmethoden basierten darauf, dass sich die Mitarbeiter des Teams an einem Ort befinden. So sei es einfach, sich täglich zu treffen und Meetings abzuhalten. Bei einem „Scrum“-System funktioniere das gut, da dabei das Meeting von den lokal in einem Büro arbeitenden Software-Entwicklern durchgeführt werde.
In anderen Unternehmen, in denen am Meeting zum Beispiel der Vertrieb, ein Projektleiter, Fachkräfte und vielleicht sogar ein Kunde teilnehmen sollten, sei hingegen ein tägliches Meeting schwierig. Eine gute Lösung für dieses Dilemma wären demnach virtuelle Teams und Veranstaltungen. Im Kontext der zunehmenden Vernetzung der Arbeitswelt und der Verbreitung fortschrittlicher Informations- und Kommunikationsmethoden sei es möglich, standortunabhängig Arbeiten zu synchronisieren. Zum Beispiel kämen beim Meeting interaktive Weißwandtafeln zum Einsatz, werde mittels Videokonferenzsystemen kommuniziert oder würden gemeinsam Dokumente in einer Cloud genutzt. Leider scheiterten heute Unternehmen noch häufig an Sicherheitskriterien, die solche modernen Mittel nicht zuließen.
Transformation der Unternehmenskultur
Für rein technische Probleme sollten sich indes auch technische Lösungen finden lassen. Viel schwieriger sei es aber, die Transformation einer ursprünglich auf den Vorgesetzten zentrierten Führung hin zu einer agilen Führung zu meistern. Was heute unter dem Begriff „Führung“ verstanden wird, entstamme vor allem dem agilen IT-Umfeld. In diesem Zusammenhang sei nochmals an „Scrum“ als Framework für die Herstellung von Software erinnert.
„Früher schien die Arbeitswelt noch in Ordnung: Der Chef sagte, was getan werden muss – und die Mitarbeiter haben die Anweisung ausgeführt“, erinnert Taube. Das Ganze habe lange Zeit relativ gut geklappt, „da wir in einer Linienorganisation arbeiteten und damit Führung und Verantwortung klar geklärt waren“. Heute werde allerdings anders gearbeitet. Thieme ergänzt: „Wir kennen modernere Arbeitsmethoden, andere Unternehmensorganisationsformen und Führungskräfte und Mitarbeiter haben andere Ideen zum Thema Arbeit.“ Die Schlagworte, die in Literatur und Medienberichterstattung bemüht werden, lauteten „agiles Arbeiten“, „Arbeit 4.0“ oder „arbeiten in virtuellen Teams“.
Unternehmensführung: Eine Welt im Wandel
Die beiden Dozenten beschreiben anhand eines Beispiels den drastischen Kulturwandel in den Unternehmen. Früher habe der Geschäftsführer z.B. jeden Montag einen Jour-fixe um neun Uhr einberufen. Vielleicht seien zehn Mitarbeiter und er selbst anwesend gewesen, wobei zwei der Mitarbeiter aus einer Geschäftsstelle im Süden Deutschlands hätten anreisen müssen. Vielen Lesern mag diese Situation noch höchst vertraut sein.
Thieme und Taube merken an, dass die Personalressourcen also regelmäßig, im Wochenrhythmus, an einem Ort zusammengezogen worden seien. Ineffektiv und ineffizient sei die Situation gewesen, wenn sich der Chef verspätet habe und die Mitarbeiter untätig auf ihn hätten warten müssen. Solch eine Arbeit, in dem Fall die Durchführung eines Meetings, sei in vielen Unternehmen heute nicht mehr gewollt. Es werde nach zeitgemäßen Möglichkeiten gesucht.
Problemlösung der täglichen Treffen ggf. mittels IKT erfordert höchste Verfügbarkeit der Technik
In einem agilen Umfeld dagegen würde sich die Lage ganz anders darstellen, denn dort möchte man gerne kürzere Rhythmen für Meetings einführen – wobei die Treffen aber auch kürzer sein sollten. In dem wohl bekanntesten agilen Framework „Scrum“ gebe es eine pragmatische und eingeführte Lösung – den „Daily Scrum“. Dieses tägliche Treffen der Teammitglieder zu einem festgelegten Zeitpunkt an einem festgelegten Ort fördere aufgrund der hohen Frequenz der Termine einen sehr intensiven und kurzgefassten Austausch relevanter Informationen. Allerdings müssten auch dabei alle Mitarbeiter an einem Ort anwesend sein. Eine Verspätung, die es bisher unter Umständen häufig gegeben haben mag, sei dort ebenfalls sehr hinderlich und dürfe nicht vorkommen. Verspätungen, auch durch die Führungskraft, würden sanktioniert.
Um aber das „vor Ort“-Problem zu lösen, kämen die virtuellen Teams ins Spiel: Mit der heutigen Kommunikationstechnik sei es durchaus möglich, die beiden oben beispielhaft erwähnten auswärtigen Kollegen mittels Telefon oder Video am Meeting zu beteiligen und somit sowohl finanzielle als auch zeitliche Ressourcen einzusparen.
Führungskräfte als Moderatoren und Mentoren
Die Führungskraft nimmt nicht mehr die Rolle des alleinigen Entscheiders ein, betonen Thieme und Taube. Es gelte vielmehr, Entscheidungen gemeinsam zu treffen. Damit sei der Vorgesetzte bzw. die Führungskraft eher Moderator und Mentor des Teams, der vor allem beraten und koordinieren soll. Dabei könne es durchaus vorkommen, dass eine Führungskraft zugleich für mehrere Teams die Rolle des „Servant Leader“ übernimmt und somit auf die Bedürfnisse der Teams achten und die bestmöglichen Arbeitsbedingungen schaffen sollte.
Allerdings werde für die Umstellung von allen Beteiligten ein erheblicher Veränderungswille vorausgesetzt. Die Führungskraft müsse Macht abgeben, die Geführten müssten Verantwortung übernehmen wollen. Beides entspreche nicht den zuvor gemachten Erfahrungen und erweise sich oftmals als schwierig. Taube: „Wo bisher Hierarchie und Kontrolle bestimmend waren, treten jetzt Prinzipien wie Agilität, Partizipation und Vertrauen in den Mittelpunkt.“ Sehr viel einfacher als gestandene Unternehmen, stellten sich Start-ups an. „Bei den Start-ups gibt es weniger Vorerfahrungen in den klassischen Organisationen, sondern dort kennen und schätzen Mitarbeiter und Führungskräfte agile (Arbeits-)Methoden und setzen sie viel natürlicher ein als die gestandene Klientel“, berichtet Thieme.
Dipl.-Kfm. (FH) Michael Taube
ist geschäftsführender Gesellschafter der Deutschen Projekt Akademie. Nach dem Abschluss an der FW für Wirtschaft in Berlin hat Taube ca. 20 Jahre im Vertrieb gearbeitet, bevor er in den Bereich Projektmanagement wechselte. Seit 2010 coacht und trainiert er im Bereich des klassischen und agilen Projektmanagements sowie der DevOps. Außerdem entwickelt er Seminare und „Computer Based Trainings“.
Dipl.-Ing. Anke Thieme
ist als Coach und Trainerin für agiles Projektmanagement tätig. Die selbstständige Beraterin und Dozentin für Qualitäts- und Projektmanagement ist als „Scrum Master“ und „Product Owner“ zertifiziert.
Weitere Informationen zum Thema:
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