Aktuelles, Branche, Umfragen - geschrieben von am Dienstag, August 21, 2018 21:39 - noch keine Kommentare

AlixPartners-Umfrage: Korruption belastet globale Wirtschaft

85% der Unternehmen sehen sich davon bedroht, jedoch nur 39% unterziehen Geschäftspartner einer gewissenhaften Prüfung

[datensicherheit.de, 21.08.2018] Die Risiken, die mit korrupten Geschäftspraktiken verbunden sind, stellen Unternehmen weltweit vor immer drängendere und komplexere Herausforderungen, beeinträchtigen ihr Wachstum und verhindern Geschäfte. Bereits 85% der befragten Unternehmen sehen in ihrer Branche Korruptionsrisiken, fast ein Drittel davon stuft diese als „signifikant“ ein. Zwei von drei Unternehmen gehen davon aus, dass in bestimmten Regionen korrupte Geschäftspraktiken unvermeidbar sind. Gleichzeitig intensivieren die Strafverfolgungsbehörden – insbesondere der USA und der Mitgliedsstaaten der EU – ihre Kooperation in der grenzüberschreitenden Korruptionsbekämpfung. Trotz einiger spektakulärer Fälle sind viele Unternehmen ungenügend auf diese Gefahrenlage vorbereitet. Das effektive Management der mit Korruption verbundenen Risiken erfordert die gewissenhafte Prüfung von Geschäftspartnern – nicht nur bei Fusionen und Übernahmen. Allerdings gaben nur 39% der Befragten an, dass sie „ständig“ oder „immer“ Due-Diligence-Prüfungen von Geschäftspartnern und Beratern durchführen würden. Dass 92% der Befragten die Qualität ihrer eigenen Analysen überzeugt, scheint auf eine gewisse Selbstüberschätzung hinzudeuten. Das sind zentrale Ergebnisse der 2018 zum sechsten Mal durchgeführten Umfrage „AlixPartners Annual Global Anticorruption Survey“. Für diesen hat die international agierende Beratung Unternehmensjuristen sowie Rechts- und Compliance-Beauftragte aus mehr als zwanzig Branchen in den USA, Europa und Asien befragt.

Erhöhte Risiken in China und Lateinamerika – Russland zunehmend problematisch

Die Umfrageteilnehmer sehen China und Lateinamerika als Brennpunkte. 94% beziehungsweise 90% denken, dass ihre Geschäftstätigkeiten dort entsprechenden Risiken ausgesetzt sind. Rund 40% der dort tätigen Unternehmen haben in den beiden Regionen bereits auf Geschäfte verzichten müssen, weil man mit Zahlungsforderungen von Vertretern staatlicher Organe konfrontiert war. Auch die Entwicklungen in Russland, Afrika und im Nahen Osten werden als besorgniserregend wahrgenommen. Die Zahl derer, die hier „signifikante“ Gefahren sehen, stieg im Jahresvergleich um elf Prozentpunkte auf 56%. Jeder Dritte nannte Russland oder Afrika als Regionen, in denen man ohne Korruption keine Geschäfte machen könne. Die dortigen Anti-Korruptionsgesetze empfinden rund 70% der Befragten als weitgehend wirkungslos.

Internationale Kooperation nimmt zu, Einzelpersonen weiter im Fokus der Behörden

Neue Abkommen zwischen Regierungen einzelner Staaten verbessern die Korruptionsverfolgung. In den USA basierten bereits zwei der neun im laufenden Jahr unter dem „Foreign Corrupt Practices Act“ (FCPA) durchgeführten behördlichen Vollstreckungsmaßnahmen gegen Unternehmen auf internationaler Zusammenarbeit. Zuletzt kooperierten die US-Ermittler etwa mit französischen Behörden in Sachen Société Générale, um unter anderem dem Verdacht auf Bestechung von Amtsträgern des Gaddafi-Regimes nachzugehen. Doch auch außerhalb der USA und der EU steigt die Bereitschaft zur Durchsetzung internationaler Antikorruptionsinitiativen. Insbesondere die brasilianischen Vollzugsbehörden stellten dies unter Beweis: Sie waren an fünf der neun größten globalen Untersuchungen seit 2016 beteiligt. Allein der Fall des Baukonzerns Odebrecht und dessen Schmiergeldzahlungen in Rekordsumme dürften internationale Gerichte noch lange beschäftigen.

Daten müssen sinnvoll verwertet werden – datenschutzrechtliche Risiken sind gestiegen

Die größte Herausforderung für die Bekämpfung von Korruption auf Unternehmensseite ist laut 75% der Befragten die schiere Datenflut – denn im Falle einer Untersuchung gilt es, eine gewaltige Menge an Informationen zu sammeln, strukturieren und analysieren. Laut AlixPartners bedarf es dabei bestimmter Voraussetzungen, um bei Bedarf schnell, effizient und zielgerichtet handeln zu können. Im Wesentlichen geht es darum, in betroffenen Systemen notwendige Daten zielsicher auszumachen und zu verwerten. In manchen Fällen führen Ermittlungen aber nur zum Ziel, wenn mögliche Unregelmäßigkeiten durch eine Verknüpfung von Daten verschiedener Systeme sichtbar werden. Es kann beispielsweise vorkommen, dass ein Vertriebsmitarbeiter eines Unternehmens durch unsachgemäße Gutschriften einem Amtsträger private Vorteile gewährt und der entsprechende Amtsträger wiederum das Unternehmen für eine Leistung beauftragt. Hinweise auf mögliche Bestechung in einem solchen Fall lassen sich erkennen, wenn Daten aus Buchführungssystemen und operativen Geschäftssystemen sowie Kommunikationsdaten (E-Mails) ausgewertet und miteinander verbunden werden. Dabei geht jedoch der Umgang mit Daten gerade auch aufgrund der Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union mit gestiegenen Risiken einher. Der zunehmend internationale Charakter von Korruptionsermittlungen verstärkt die damit zusammenhängende Problematik: 88% der Befragten erwarten, dass Herausforderungen, die mit dem Transfer von Daten über Ländergrenzen verbunden sind, in den nächsten zwölf Monaten mindestens gleichbleiben oder steigen.

Behörden erhalten mehr Hinweise auf Unregelmäßigkeiten

Behörden erhalten vermehrt Hinweise auf mögliche Unregelmäßigkeiten. Dies hängt auch mit regulatorischen Anforderungen zusammen. „Insbesondere Banken unterliegen einer Vielzahl von Verpflichtungen. Sie müssen beispielsweise Finanztransaktionen risikoorientiert überwachen, dabei mögliche Anhaltspunkte für Geldwäsche identifizieren und verdächtige Vorgänge melden. In nicht wenigen Fällen führt der genauere Blick auf etwaige Geldwäschevorgänge dann zur Aufdeckung von Korruptionsfällen“, erläutert Günter Degitz, Forensik-Experte und Managing Director bei AlixPartners. Generell scheinen Banken immer mehr mögliche Verstöße gegen Gesetze und Regularien zu identifizieren und an die Behörden zu übermitteln. In manchen Ländern führt dies zu einer höheren Zahl staatlicher Ermittlungen, was wiederum die Compliance-Risiken betroffener Unternehmen erhöht. „Unternehmen sollten deshalb proaktiv handeln und dabei nicht nur aktuelle Vorgänge und Geschäftsbeziehungen adäquat prüfen, sondern auch, wo notwendig, Daten aus der Vergangenheit aufarbeiten. Auch bei M&A-Prozessen ist diese Art von Risikomanagement sehr wichtig“, so Degitz weiter. Die Durchleuchtung von Übernahmezielen auf Anzeichen von Geldwäsche oder Bestechung stellt für Unternehmen in M&A-Situationen generell eine große Hürde dar. Und aktuell gaben 44% der Befragten an, sie hätten Akquisitionsvorhaben angesichts Korruptionsrisiken abgebrochen oder zumindest verschoben – ein Anstieg von 7% zum Vorjahr.

Weitere Informationen zum Thema:

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