Aktuelles - geschrieben von dp am Samstag, September 11, 2010 15:37 - noch keine Kommentare
Freiheit statt Angst 2010: Trotz der Teilerfolge im Kampf gegen den Überwachungswahn weiter demonstrieren
Rückblicke und Appelle auf der Auftaktkundgebung am Potsdamer Platz in Berlin
[datensicherheit.de, 11.09.2010] In seinen einleitenden Worten mahnte padeluun, dass es trotz der Teilerfolge im Kampf gegen den Überwachungswahn notwendig sei, immer wieder zu kommen und zu demonstrieren.
Der Kampf gegen den Überwachungswahn geht trotz Teilerfolgen weiter.
Vor dem warnenden Hintergrund der Katastrophe auf der „Love Parade 2010“ gab er Sicherheitshinweise und appellierte an verantwortungsvolles Handeln der Demonstranten.
padeluun über die Notwendigkeit, weiter zu demonstrieren.
Die Journalistin und Bloggerin Anne Roth erinnerte an die kleinen Anfänge der Demonstration „Freiheit statt Angst“ im Jahr 2006 und an das seitdem gewachsene Bewusstsein, gegen wahnhafte Kontrolle und Überwachung eintreten zu müssen. 2009 sei dies dann gar zu einem Thema im Bundestagswahlkampf geworden. Ihrer Meinung nach habe sich nunmehr zwar der Ton verändert, nicht aber das Bestreben der Bundesregierung, mit der Vorratsdatenspeicherung, der Verschärfung von Sicherheitsgesetzen und der Aufhebung der Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten fortzufahren – wir hätten es heute mit einem „Schäuble im Schafspelz“ zu tun.
Anne Roth sieht weiterhin das Bestreben von offizieller Seite, die Überwachung zu intensivieren.
Frank Bsirske, Vorsitzender von ver.di, stellte klar, dass Vorratsdatenspeicherung eine Gefährdung der Demokratie bedeute. Die Möglichkeit, komplexe Persönlichkeitsprofile der Bürger zu erstellen, führe implizit zu einem Anpassungsdruck der Menschen – und das dürfe und wolle man nicht zulassen. Pressefreiheit, so Bsirske, erfordere zwingend den Informantenschutz; Meinungsfreiheit vertrage sich nicht mit einer Vorzensur. Daher dürfe es in dieser Frage keine Kompromisse geben – die Vorratsdatenspeicherung in jeder Form gehöre abgeschafft! Zur Begründung verwies er auf die dunklen Erfahrungen der deutschen Geschichte mit dem Missbrauch von Datensammlungen. Daher müsse die Bundesregierung nun auf eine Änderung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung drängen! Bsirske hinterfragte auch die Konsequenzen aus den Datenschutzskandalen bei Arbeitgebern. Der Entwurf eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes sei prinzipiell zu begrüßen – fatal sei aber die Einräumung neuer Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten für die Arbeitgeber, beispielsweise stichprobenartige Datenerhebungen zur Verhaltens- und Leistungskontrolle. Den Arbeitgebern würden gewissermaßen Rechte zuerkannt, die bislang staatlichen Stellen vorbehalten gewesen seien – wirksame Abwehrrechte für die Arbeitnehmer fehlten indes. Bei einer Realisierung des „Beschäftigtendatenschutzes“ in der geplanten Form würden offizielle Datenschutzverstöße natürlich abnehmen, denn die Überwachung – „Beschnüffelung“ – wäre dann weitgehend legalisiert. Kritisch äußerte sich Bsirske auch zu ELENA – „Datensammelwut“. ELENA sei pure Vorratsdatenspeicherung, also ein Fall für das Bundesverfassungsgericht. Er forderte die Bundesregierung auf, von diesem Projekt Abstand zu nehmen, denn „es stinkt schon jetzt zum Himmel“. Abschließend mahnte er, dass die Bürger selbst Verantwortung etwa für Datensparsamkeit, Netzneutralität sowie Medienkompetenz im Kontext des Urheberechts übernehmen müssten – der Datenschutz solle ein Internet der Bürger unter Wahrung der Bürgerrechte ermöglichen.
Frank Bsirske warnt vor einem Anpassungsdruck auf die Bürger, der die Demokratie gefährdet.
Martin Grauduszus, Präsident der Freien Ärzteschaft, bemerkte, dass in Deutschland mehr und mehr Menschen gegen die Bürgerferne der Regierenden sowie gegen Staatswillkür aufstehen würden. Das Motto von vor 20 Jahren – „Wir sind das Volk!“ – erlange eine neue Dimension und gewinne derzeit neue Kraft. Das Grundgesetz gebiete klar und deutlich die Würde des Menschen – doch befinde sie sich heute auf dem „Seziertisch der Datenschnüffelei“; dies sei nicht hinnehmbar! Die Entscheidung gegen die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland sei ein Etappensieg; optimistisch sehe er den gleichen Erfolg im Falle ELENA; das Projekt liege derzeit dem Sozialgericht Düsseldorf vor und werde sicher auch nach Karlsruhe kommen. Im Zusammenhang mit der Elektronischen Gesundheitskarte rügte er die „selbstherrlichen Krankenkassen“, werde doch die ärztliche Schweigepflicht hinweggefegt, mutiere doch der Patient zum „Gläsernen Datenkörper“. Server würden im Hintergrund schon für eine Zusammenführung der verschiedenen Daten sorgen; der Mensch werde zur Verfügungsmasse, etwa für Behörden, die Gesundheitsindustrie und die Versicherungen. „Stoppt die eCard!“, appellierte Grauduszus. Es gelte, sich gegen Staatswillkür und Datengier zu wehren, denn der Mensch stehe im Mittelpunkt! Immer häufiger müsse die Justiz der Politik vorschreiben, wo es lang geht – so auch bei den derzeit „schwebenden Verfahren“ zum Datenschutz. Die Bundeskanzlerin solle die Ministerien anweisen, jeglichen Aktionismus hiergegen einzustellen – das schulde sie ihrem Amtseid!
Martin Grauduszus appelliert: „Stoppt die eCard!“
Weitere Informationen zum Thema:
datensicherheit.de, 10.09.2010
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